Handlungsempfehlung #ABCforJobs

#9 – Netzwerke für die arbeitsorientierte Grundbildung erfolgreich gestalten

Handlungsempfehlung #ABCforJobs

Netzwerke für die arbeitsorientierte Grundbildung erfolgreich gestalten

Ein zentrales Ziel des Projekts #ABCforJobs war es, verschiedene Akteur*innen in der Region für eine langfristig tragfähige Kooperation zu gewinnen. Gemeinsam sollten branchenspezifische Angebote der arbeitsorientierten Grundbildung (AoG) entwickelt, innovative Methoden erprobt und die Bekanntheit bestehender Angebote gesteigert werden. Darüber hinaus sollten die Zielgruppen gezielter angesprochen, der Erfahrungsaustausch gefördert und nachhaltige Strukturen etabliert werden. Die heterogene Zusammensetzung des Konsortiums im Projekt – mit Partner*innen aus Wirtschaft, Verbänden, Wissenschaft, Arbeitsmarktakteur*innen sowie Bildungs- und Beratungsstellen – eröffnete eine breite Vielfalt an Perspektiven und Kompetenzen.

Diese Handlungsempfehlung zeigt auf, welche Chancen und Potenziale eine regionale Vernetzung bietet, wie der Aufbau und die Koordination regionaler Netzwerke gelingen können und welche Akteur*innen dabei einbezogen werden sollten. Ebenso werden die Herausforderungen der Netzwerkarbeit beleuchtet. Ergänzend wird auf bestehende überregionale Initiativen zur Förderung der AoG verwiesen.

Chancen und Potenziale von Netzwerken

Vernetzung innerhalb des Konsortiums

Die Zusammenarbeit im Konsortium von #ABCforJobs zeichnete sich durch eine offene und kontinuierliche Kommunikation aus. Die quartalsweise stattfindenden Konsortialtreffen boten jeweils sowohl einen fachlichen Input als auch Raum für den Austausch von Erfahrungen zum Projektverlauf. Dadurch wurde der Wissensstand aller Kooperationspartner*innen fortlaufend erweitert.

Das Projektteam, dessen Mitglieder in unterschiedlichen Organisationen tätig sind, traf sich zudem regelmäßig in Online-Meetings. Diese dienten dem Informationsaustausch sowie der fachlichen und organisatorischen Abstimmung.

Eine Grafik zeigt das Konsortium des Projekts #ABCforJobs. In vier Kästen sind die beteiligten Partnergruppen dargestellt: Unternehmen und Verbände (z. B. DEHOGA, Hilton, IHK, Fraport), Bildung und Beratung (z. B. GFFB, ZfW, vhs Frankfurt), Arbeitsmarktförderung (z. B. Agentur für Arbeit, Jobcenter) und wissenschaftliche Fundierung (z. B. DIE, TU Darmstadt).

Netzwerkkarte Konsortium #ABCforJobs

Tipp

Um einen umfassenden Überblick über die regionalen Akteur*innen im Bereich der AoG zu gewinnen, empfiehlt sich der Einsatz einer Netzwerkkarte. Diese ermöglicht es beispielsweise neuen Mitarbeiterinnen im Rahmen des Onboardings, Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Zielsetzungen der Projekte zu erkennen und die wichtigsten Akteur*innen auf einen Blick zu identifizieren.

Netzwerkaktivitäten ausweiten und verstetigen

Angebote der AoG sind insbesondere in der Arbeitsmarktförderung bislang wenig bekannt und verbreitet. Für die bedarfsgerechte Entwicklung branchenspezifischer Curricula ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen unerlässlich. Ebenso wichtig ist eine genaue Kenntnis der regionalen Zielgruppen, d. h. der Beschäftigten in Unternehmen sowie der erwerbslosen Personen mit geringer Literalität.

Um die nachhaltige Wirkung eines Projekts zu sichern, ist es entscheidend, Erfahrungen und Erkenntnisse zu multiplizieren. Im Projekt #ABCforJobs spielte die Kooperation mit Weiterbildung Hessen e. V. eine zentrale Rolle. Der Verein engagiert sich für Qualitätssicherung und Verbraucherschutz in der Bildung und Bildungsberatung.

Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

Hessische Weiterbildungsdatenbank

Mit über 300 Mitgliedsorganisationen ist er hervorragend aufgestellt, um den Austausch zwischen Bildungs- und Beratungseinrichtungen zu fördern und Best-Practice-Ansätze zu verbreiten. Im Projekt #ABCforJobs konzipierte und organisierte Weiterbildung Hessen e. V. Workshops zur AoG an, um die Qualität der Beratungs- und Bildungsangebote weiter zu steigern. Darüber hinaus gab es Trainings für Fachkräfte, bei denen im Projekt gewonnenen Erfahrungen weitergegeben wurden. Diese Formate stärkten auch den Wissenstransfer und erweiterten das Netzwerk des Projekts nachhaltig.

Eine wichtige Plattform für regionale Bildungs- und Beratungsangebote ist die vom Verein betriebene hessische Weiterbildungsdatenbank (www.bildungsportal-hessen.de/g800207). Hier sind Angebote zur AoG abrufbar, die kontinuierlich ausgebaut werden.

    Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

    Produktdatenbank Alphabetisierung und Grundbildung (PAG)

    Netzwerken im Rahmen der AlphaDekade

    Im Rahmen der AlphaDekade des Bundes (2016–2026) werden neben #ABCforJobs zahlreiche weitere Modellprojekte gefördert, die ebenfalls den Schwerpunkt auf AoG legen. Es empfiehlt sich, die umfangreiche Dokumentation und Materialsammlung zu nutzen und bei Bedarf direkt mit den überregional beteiligten Organisationen in Kontakt zu treten. Ausführliche Informationen sowie eine Übersicht über die – größtenteils inzwischen abgeschlossenen – Projekte zur AoG finden Sie auf der Website der AlphaDekade.

    Die meisten entwickelten Materialien und Produkte sind in der Produktdatenbank Alphabetisierung und Grundbildung (PAG) des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V. (DIE) zu finden. Diese ist unter alpha-material.de erreichbar.

      Die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS)

      Die Nationale Weiterbildungsstrategie wurde im Jahr 2019 von 17 Partner*innen ins Leben gerufen. Die Arbeitsgruppe „Alphabetisierung und Grundkompetenzen“, die konstruktiv zusammenarbeitete, setzte sich aus Vertreter*innen von Bundes- und Landesministerien, Sozialpartner*innen, Wirtschaftsverbänden sowie aus Wissenschaft und Praxis zusammen.

      Im Umsetzungsbericht, der im März 2025 veröffentlicht wurde, sind die in der Arbeitsgruppe erarbeiteten Handlungsempfehlungen dokumentiert. Der Bericht ist online abrufbar.

      Ob und in welchen Themenbereichen die Nationale Weiterbildungsstrategie in der neuen Legislaturperiode des Bundes fortgeführt wird und ob ein besonderer Schwerpunkt auf die Grundbildung gelegt werden wird, ist Stand August 2025 noch offen.

      Wichtige Akteur*innen beim Aufbau eines regionalen AoG-Netzwerks

      Bevor neue Netzwerke aufgebaut werden, ist es sinnvoll, sich zunächst mit den bestehenden Netzwerkstrukturen in der Region vertraut zu machen. In einem regionalen Netzwerk sollten idealerweise Institutionen vertreten sein, die gering literalisierten Erwachsenen Unterstützung bieten, sich politisch mit dem Thema auseinandersetzen, dazu forschen oder regelmäßig Kontakt zu Betroffenen haben – sei es als Beschäftigte oder als Zielgruppe ihrer Angebote. Häufig bestehen solche Netzwerke bereits in Form von Kooperationen zwischen Bildungseinrichtungen, Arbeitgeber*innen, Gewerkschaften und öffentlichen Institutionen.

      In verschiedenen Regionen Hessens sind insbesondere durch die AlphaDekade Netzwerke entstanden, die lokale Bildungsanbieter*innen, Unternehmen und öffentliche Institutionen zusammenbringen, um die AoG zu fördern. Netzwerke wie #ABCforJobs, BasisKomNet, AlphaGrund und die Angebote der Volkshochschulen tragen maßgeblich dazu bei, die AoG in Hessen zu stärken. Sie vernetzen lokale Akteur*innen und entwickeln gemeinsam Bildungsangebote, die gezielt auf die Bedürfnisse gering literalisierter Erwachsener zugeschnitten sind. Ziel ist es, die Stärken der verschiedenen Partner*innen zu bündeln und Synergieeffekte zu nutzen, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen und den Anforderungen eines sich wandelnden Arbeitsmarktes gerecht zu werden.

      Tipp

      Ein breit aufgestelltes Netzwerk sollte allen Beteiligten einen klaren Mehrwert bieten, um eine langfristige und aktive Mitwirkung zu sichern.

      Leitfragen für den Auf- und Ausbau regionaler AoG-Netzwerke

      Beim Aufbau oder der Erweiterung eines regionalen AoG-Netzwerks sind folgende Fragen hilfreich:

      • Wer bietet in der Region konkrete Angebote im Bereich AoG an?
      • Wer engagiert sich politisch für das Thema AoG?
      • Welche Branchen und Fachverbände zeigen Interesse an AoG-Angeboten?
      • Wer sind Schlüsselpersonen, um Unternehmen gezielt anzusprechen?
      • Wie ist die regionale Beratungs- und Bildungslandschaft strukturiert?
      • Welche Fachgruppen, Arbeitskreise oder Netzwerke bestehen bereits?
      • Gibt es regionale Expert*innen im Bereich AoG?
      • Wie können die Zielgruppen effektiv erreicht werden?
      • Wer sind potenzielle Fördermittelgeber*innen?

        Zentrale Netzwerkpartner*innen im Überblick

        Bildungseinrichtungen

        Die meisten Sprachkursinstitute im Bereich Grundbildung verfügen über wenig Erfahrung in der direkten Zusammenarbeit mit Unternehmen. Berufliche Bildungseinrichtungen haben dagegen meist kaum Berührungspunkte mit berufsqualifizierenden Sprachangeboten. Eine enge Kooperation zwischen Anbieter*innen beruflicher Bildung und Sprachkursanbieter*innen ist daher besonders empfehlenswert. Ideal ist ein integriertes Angebot mit fachlichen und sprachlichen Anteilen innerhalb einer Organisation.

        Wichtige Akteur*innen der AoG in Hessen sind neben der GFFB beispielsweise die Volkshochschulen (vhs), die Bildungswerke der Wirtschaft sowie Arbeit und Leben. Sie arbeiten eng mit Unternehmen und kommunalen Einrichtungen zusammen und bieten arbeitsplatznahe Bildungsprogramme an, die auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmer*innen zugeschnitten sind.

        Träger*innen von Grundbildungszentren sind häufig die vhs. Die Teilnehmenden lebensweltorientierter Grundbildungsangebote können hier gezielt angesprochen und auf Angebote aus dem Bereich der AoG hingewiesen werden. Ausführliche Informationen dazu sind in der Handlungsempfehlung „Arbeitsorientierte und lebensweltorientierte Grundbildung – ein Schnittstellenthema“ zu finden. Aktuell unterstützt ein neues Bundesprogramm den Aufbau von Grundbildungspfaden durch regionale Verbundvorhaben und ein nationales Kompetenzzentrum.

        Unternehmen, Gewerkschaften, Kammern und Branchenverbände

        Vor dem Aufbau eines regionalen Netzwerks sollte zunächst geklärt werden, welche Branchen im Fokus stehen sollen. Um Unternehmen gezielt anzusprechen, empfiehlt sich eine Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachverbänden sowie der Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. der Handwerkskammer (HWK). Branchenverbände kennen die Bedarfe ihrer Mitgliedsunternehmen besonders gut.

        Gewerkschaften sind wichtige Multiplikator*innen, um betroffene Beschäftigte zu erreichen. Die Ansprache und aktive Einbindung von Unternehmen erfordert Zeit, zahlreiche Einzelgespräche und Unterstützung – insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die oft keine eigene Personalabteilung haben, aber an Fördermöglichkeiten interessiert sind. Hier kann der Arbeitgeberservice der Agenturen für Arbeit wertvolle Unterstützung leisten. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Projekt #ABCforJobs sind in der Handlungsempfehlung „Ansprache und Akquise von Erwerbstätigen und Unternehmen“ nachzulesen.

        Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

        Bildungspunkt der Agentur für Arbeit Frankfurt

        Arbeitsagenturen und Jobcenter

        Die Einbindung von Arbeitsagenturen und Jobcentern ist besonders empfehlenswert, da sie Fördermittelgeber*innen für betriebliche Beschäftigte sowie für erwerbslose Personen sein können. Sie sind zudem wichtige Partner*innen, um gering literalisierte Erwerbslose zu erreichen und Bildungsangebote zu zertifizieren. Bei der Zertifizierung im Bereich Grundkompetenzen müssen zahlreiche Regularien beachtet und mit den Fördermittelgeber*innen abgestimmt werden. Im Projekt #ABCforJobs konnte die Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur Frankfurt am Main so intensiviert werden, dass nun ein wöchentliches Beratungsangebot zu Grundkompetenzen bei der Anlaufstelle „Bildungspunkt“ der Arbeitsagentur besteht.

          Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

          Das BAMF ist für Berufssprachkurse zuständig, die auch für gering literalisierte Personen geeignet sind. Die regionalen Ansprechpersonen des BAMF sind für die Zulassung von Bildungseinrichtungen und die Kursplanung verantwortlich. Sie geben auch Auskunft über zugelassene Anbieter*innen in der Region.

          Bildungsberatungsstellen

          Diese sind häufig noch nicht ausreichend informiert oder spezialisiert, um zur AoG qualifiziert zu beraten, da sich die Zielgruppe der gering literalisierten Personen selten direkt an sie wendet. Auch Berater*innen in Arbeitsagenturen und Jobcentern haben meist keinen spezifischen Fokus auf Schriftsprachförderung, da die berufliche Qualifizierung im Vordergrund steht. Die Einbindung dieser Stellen in ein regionales Netzwerk ist daher wichtig, um den Kenntnisstand zu erhöhen.

          In Kleingruppendiskussionen, etwa im Sprecherkreis Hessencampus, wurde deutlich, wie wichtig der Austausch zwischen Bildungsberater*innen ist, um gemeinsam tragfähige Ideen und Maßnahmen für die regionale Zusammenarbeit zu entwickeln. Dabei sollten sowohl gemeinsame Interessen als auch Unterschiede offen angesprochen werden, um eine belastbare Netzwerkstruktur zu schaffen. Weiterbildung Hessen e. V. hat im Projekt #ABCforJobs die Aufgabe übernommen, Bildungsberatungseinrichtungen zu informieren und stärker miteinander zu vernetzen.

          Fachexpert*innen

          Die Zusammenarbeit mit Expert*innen im Bereich AoG ist grundsätzlich empfehlenswert, insbesondere mit Hochschulen und Universitäten. Im Projekt #ABCforJobs waren beispielsweise auch Expert*innen mit Schwerpunkt Digitalisierung eingebunden, da innovative Angebote im Bereich Virtual Reality und Serious Games entwickelt wurden.

          Kommunale Akteur*innen

          Auch kommunale Akteur*innen, die in die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik eingebunden sind, sollten in ein Netzwerk integriert werden.

          Sozialverbände und Migrantenorganisationen

          Schließlich sind auch Sozialverbände und Migrantenorganisationen wichtige Multiplikator*innen, um die Zielgruppen effektiv zu erreichen und die Netzwerkaktivitäten zu stärken.

          Herausforderungen beim Aufbau regionaler Netzwerke

          Finanzielle Herausforderungen

          Die größte Herausforderung beim Aufbau eines regionalen Netzwerks ist die Finanzierung der Koordination. Für die Absicherung eines Netzwerks sind personelle Kapazitäten erforderlich – sowohl für die inhaltliche und organisatorische Planung als auch für die Ansprache und den persönlichen Kontakt zu potenziellen Kooperationspartner*innen. Zudem werden geeignete Räume und eine technische Ausstattung benötigt.

          Im Rahmen der Modellvorhaben der AlphaDekade konnten diese Ressourcen eingeplant werden. Ohne eine verlässliche Basisfinanzierung ist es jedoch schwierig, ein Netzwerk langfristig und stabil aufrechtzuerhalten.

          Geringe Beteiligung von Unternehmen

          Ein häufiges Problem vieler Netzwerke ist die geringe Beteiligung von Unternehmen. Die personellen Engpässe in zahlreichen Branchen sind so gravierend, dass kaum Ressourcen für eine aktive Netzwerkarbeit bereitgestellt werden können. Schon die Bedarfserhebung gestaltet sich schwierig und erfordert persönliche Gespräche mit Unternehmensleitungen oder Personalverantwortlichen.

          Organisatorische und bürokratische Herausforderungen

          Für eine nachhaltige Implementierung von Angeboten der AoG müssen geeignete Finanzierungswege gefunden werden. Bildungseinrichtungen, die mit Unternehmen kooperieren möchten, benötigen detaillierte Informationen zu Fördermöglichkeiten, insbesondere dann, wenn die Unternehmen die Qualifizierung nicht selbst finanzieren können. In solchen Fällen muss die Bildungseinrichtung selbst nach AZAV oder durch das BAMF zertifiziert sein.

          Werden Bildungsgutscheine zur Finanzierung genutzt, muss zudem jedes einzelne Bildungsangebot zertifiziert sein. Für die Förderung von Beschäftigten in Unternehmen sind Einzel- oder Sammelanträge erforderlich. Damit sich eine Zertifizierung für Bildungsanbieter*innen finanziell lohnt, muss die Anzahl der Teilnehmenden ausreichend groß sein. Bei kleinen Unternehmen ist es daher oft notwendig, dass mehrere Betriebe kooperieren, um eine tragfähige Gruppengröße zu erreichen.

          Eine vorausschauende Projektplanung mit klar definierten Arbeitspaketen und Zeitverläufen ist essenziell, um bei Veränderungen im Projektverlauf gemeinsam mit den Projektpartner*innen und Fördermittelgeber*innen geeignete Lösungsansätze zu erarbeiten und einen zu hohen bürokratischen Aufwand bei der Anpassung der Projektplanung zu vermeiden.

          Potenzielle Konkurrenz zwischen Bildungseinrichtungen

          Konkurrenz zwischen Bildungseinrichtungen ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Der Bildungsmarkt sowie der Aufbau von Kooperationen mit Unternehmen erfordern gute Absprachen und einen fairen Umgang unter den beteiligten Einrichtungen.

          Fehlende Bekanntheit der arbeitsorientierten Grundkompetenzen

          Angebote zur Förderung arbeitsorientierter Grundkompetenzen in Zusammenarbeit mit Unternehmen sind bislang noch wenig bekannt. Auch im Bereich der Arbeitsmarktförderung existieren bisher nur wenige entsprechende Angebote. Deshalb sind gezielte Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Es sind vielfältige Aktivitäten sind notwendig, um die Bedeutung, den Nutzen und die Wirkung der AoG zu vermitteln.

          Illustration eines blauen Stiftes mit lachendem Gesicht. Der Stift hat große, freundliche Augen, einen offenen Mund mit roten Lippen und wirkt wie eine Comicfigur.

          Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen

          Einrichtung einer Koordinierungsstelle

          Ein erfolgreiches Netzwerk benötigt eine zentrale Koordinierungsstelle, die als Ansprechpartner*in für alle Netzwerkpartner*innen fungiert. Zu den zentralen Aufgaben dieser Stelle gehören:

          • Steuerung und Moderation von Netzwerktreffen und Arbeitsgruppen
          • Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, um das Netzwerk bekannt zu machen und neue Partner*innen zu gewinnen
          • Informationsmanagement, beispielsweise durch eine zentrale Website, einen Newsletter oder eine gemeinsame Datenbank
          • Vermittlung und Vernetzung zwischen den Akteur*innen, etwa durch Verteilerlisten oder gezielte Kontaktvermittlung
          • Monitoring und Evaluation der Netzwerkarbeit, um Fortschritte und Erfolge messbar zu Machen
          • Dokumentation aller Aktivitäten und Ergebnisse zur Sicherung der Nachvollziehbarkeit

          Die Koordinierungsstelle kann in einer bestehenden Institution angesiedelt oder als eigenständige Einheit aufgebaut werden. Eine dauerhafte Finanzierung und professionelle Ausstattung sind für eine nachhaltige Wirkung essenziell.

          Zusammenarbeit und Verantwortlichkeiten

          Für den erfolgreichen Aufbau eines regionalen Netzwerks empfiehlt es sich, alle relevanten Akteur*innen zu einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung einzuladen. Ziel ist es, den individuellen und gemeinschaftlichen Nutzen des Netzwerks gemeinsam zu definieren und den Ressourceneinsatz zu klären.

          • Vorstellung der beteiligten Akteur*innen und ihrer Angebote
          • Präsentation der Ziele und Erwartungen an die Netzwerkarbeit
          • Diskussion über mögliche Synergien und Kooperationsansätze
          • Planung regelmäßiger Treffen und Austauschformate

          Gerade bei Projekten mit mehreren Partner*innen und Kommunikationswegen sind klare Strukturen entscheidend. Dazu gehören die Festlegung gemeinsamer Erwartungen, die Definition konkreter (Teil-)Ziele, die Abstimmung von Leistungsangeboten und die Organisation der Öffentlichkeitsarbeit. Alle zentralen Rahmenbedingungen – wie Leitbild, Organisation, Ressourcen und Finanzierung – sollten verbindlich dokumentiert werden, um eine transparente und verlässliche Grundlage für die Zusammenarbeit zu schaffen.

          Im Projekt #ABCforJobs haben sich vierteljährliche Treffen aller Konsortialpartner*innen bewährt. Neben dem organisatorischen und inhaltlichen Austausch boten diese Treffen stets einen fachlichen Input, der als Impuls für eine themenzentrierte Zusammenarbeit diente und die Motivation zur Teilnahme förderte.

          Je nach regionaler Situation sind Präsenz- und/oder Online-Treffen sinnvoll. Präsenztreffen sollten jedoch nicht vollständig entfallen, da sie für den persönlichen Austausch und den Aufbau von Vertrauen unverzichtbar sind. Im Projektverlauf spielen der Vertrauensaufbau und die Beziehungsarbeit eine wesentliche Rolle. Dafür sollte ausreichend Zeit und Raum für den Aufbau der persönlichen Kontakte zur Verfügung stehen. Die Veranstaltungen sollten interaktiv gestaltet werden, um einen offenen Dialog zu ermöglichen. Best-Practice-Beispiele aus anderen Regionen können inspirieren und konkrete Umsetzungsideen liefern.

          Die Erfahrungen aus dem Konsortium und aus bestehenden Netzwerken, wie der landesweiten Fachgruppe für Alphabetisierung und Grundbildung, zeigen, dass eine Netzwerkzugehörigkeit auch soziale Verbundenheit schafft. Dies ist eine wichtige Ressource bei Unterstützungsbedarf und Herausforderungen.

          Flexibilität in der Netzwerkarbeit

          Die Erfahrungen aus Projektverläufen zeigen, dass ein ursprünglicher Projektplan an sich ändernde Verhältnisse oder Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Für die Grundhaltung im Projekt ist daher wichtig:

          • Flexibilität bei einer Veränderung in der Projektplanung
          • Ausbau und Aufnahme neuer Mitglieder in ein Netzwerk
          • Pflege spontaner Kooperationen und informeller Kontakte
          • Umgang mit Rückzug oder Personalwechsel von Netzwerkpartner*innen

            Einrichtung von Fach- und Arbeitsgruppen 

            Um die Netzwerkarbeit effektiv zu gestalten, empfiehlt sich die Einrichtung themenspezifischer Arbeitsgruppen, beispielsweise zu den folgenden Themen:

            • Digitalisierung in der AoG: Entwicklung neuer Online-Beratungs- und Bildungsformate
            • Kooperation mit Unternehmen: Sensibilisierung von Arbeitgeber*innen für die Bedeutung der AoG
            • Förderung und Finanzierung: Identifikation und Nutzung regionaler und überregionaler Förderprogramme
            • Qualitätssicherung: Entwicklung gemeinsamer Standards und Evaluationsmethoden

            Arbeitsgruppen entfalten ihr volles Potenzial, wenn sie mit einem klaren Auftrag, einem definierten Zeitrahmen und einer verbindlichen Verantwortlichkeit ausgestattet sind. So lassen sich zielgerichtete Prozesse gestalten und greifbare Ergebnisse sichern. Regelmäßige Treffen dieser Gruppen ermöglichen eine zielgerichtete Entwicklung von Maßnahmen und verbessern die Abstimmung zwischen den Akteur*innen.

            Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen sollten in die Treffen des Gesamtnetzwerks eingebracht werden, um Synergien zu nutzen.

            Öffentlichkeitswirksame Kommunikation

            Eine gezielte und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit ist entscheidend, um die Sichtbarkeit und Wirkung des Netzwerks zu erhöhen. Wichtige Maßnahmen sind:

            • Nutzung von Newslettern, Websites der Projektpartner*innen, Social Media und digitalen Plattformen
            • Aufnahme in Verteilerlisten anderer AoG-Projekte und bestehender Netzwerke zur Informationsverbreitung
            • Organisation von Informationsveranstaltungen und Fachaustauschen für Bildungs- und Beratungseinrichtungen, Arbeitsagenturen und Jobcenter
            • Direkte Ansprache von Multiplikator*innen zur aktiven Beteiligung
            • Entwicklung von Informationsmaterialien (z. B. Flyer, Broschüren, Videos) für verschiedene Zielgruppen
            • Teilnahme an regionalen und überregionalen Fachveranstaltungen
            • Sofern vorhanden, sind zentrale Werbematerialien und -möglichkeiten zu nutzen. Im Rahmen der AlphaDekade waren das beispielsweise das ALFA-Mobil des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e. V. sowie die Werbematerialien von „Mein Schlüssel zur Welt“. Über die Kooperation mit dem ALFA-Mobil gelang im Projekt #ABCforJobs die Ansprache von Erwerbslosen in den Jobcentern. Ausführliche Informationen dazu sind in der Handlungsempfehlung „Ansprache und Akquise von erwerbslosen Personen“ zu finden.

            Aufbau geeigneter Organisationsstrukturen

            Für eine reibungslose Zusammenarbeit sollten folgende Strukturen etabliert werden:

            • Bereitstellung standardisierter Kooperationsverträge und Förderanträge
            • Einrichtung einer Ansprechperson für administrative Fragen
            • Durchführung von Workshops zur Antragstellung und Mittelverwaltung
            • Entwicklung klarer Entscheidungswege und Kommunikationsstrukturen
            • Bei größeren Zusammenschlüssen ist zudem eine Plattform zur kollaborativen Zusammenarbeit und zum Projektmanagement empfehlenswert

            Verstetigung eines Netzwerks

            Um die Nachhaltigkeit eines Netzwerks im Bereich AoG zu sichern, sind strategische Verankerung und kontinuierliche Weiterentwicklung notwendig. Dazu gehören:

            • Politische und administrative Unterstützung: Entscheidungsträger*innen regelmäßig einbinden und informieren
            • Eignung und Wirkung des Netzwerks für Politik und Fördermittelgeber*innen sichtbar machen
            • Fortlaufende Bedarfsanalysen zwischen Bildungseinrichtungen, Unternehmen und Fördermittelgeber*innen, um das Angebot zielgruppenorientiert auszurichten
            • Regelmäßige Evaluation: Den Mehrwert und die Wirkung des Netzwerks sichtbar und messbar machen
            • Aufbau digitaler Austauschplattformen: Den Wissenstransfer und die Zusammenarbeit erleichtern
            • Langfristige Finanzierungsstrategien entwickeln, um die personellen und finanziellen Ressourcen zu sichern.

            Fazit

            Der Aufbau und die nachhaltige Etablierung regionaler Netzwerke zur Förderung AoG sind ein komplexer, aber lohnender Prozess. Erfolgsentscheidend sind eine professionelle Koordinierungsstelle, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten sowie eine offene und wertschätzende Zusammenarbeit aller beteiligten Akteur*innen. Die Einbindung vielfältiger Partner*innen – von Bildungseinrichtungen über Unternehmen, Kammern, Arbeitsagenturen bis hin zu Sozialverbänden und Expert*innen – schafft Synergien und erhöht die Wirksamkeit der Angebote.

            Gleichzeitig stellen finanzielle, organisatorische und kommunikative Herausforderungen hohe Anforderungen an die Netzwerkpartner*innen. Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit, der Aufbau tragfähiger Arbeitsgruppen und die kontinuierliche Evaluation der Netzwerkarbeit sind wichtige Bausteine, um die Sichtbarkeit und Wirkung des Netzwerks zu sichern. Die Entwicklung und Nutzung digitaler Austauschformate sowie die strategische Verankerung auf politischer und administrativer Ebene sind weitere Erfolgsfaktoren für die Verstetigung.

            Letztlich zeigt sich: Netzwerkarbeit im Bereich AoG lebt vom Engagement, der Innovationsbereitschaft und dem gemeinsamen Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit und Teilhabe gering literalisierter Erwachsener nachhaltig zu stärken. Nur durch eine enge, verlässliche Zusammenarbeit und kontinuierliche Weiterentwicklung können die Herausforderungen gemeistert und die Potenziale voll ausgeschöpft werden.

            Herausgegeben von

            GFFB gGmbH

            Projekt #ABCforJobs
            (Projektlaufzeit 01.11.2021 bis 31.10.2025)

            Mainzer Landstraße 349
            60326 Frankfurt am Main

            www.gffb.de

            Autorin
            Barbara Wagner, GFFB gGmbH

            Co-Autorin
            Cyntha Wirantaprawira, Weiterbildung Hessen e. V.

            Diese Publikation wurde im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem Förderkennzeichen W-1505A-AOG gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin/beim Autor.

            Alle Rechte vorbehalten.

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            Logoleiste der Alpha Dekade 2016-2026 und des Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend