
Handlungsempfehlung #ABCforJobs
Handlungsempfehlung #ABCforJobs
Arbeitsorientierte und lebensweltorientierte Grundbildung – ein Schnittstellenthema
Die vorliegende Handlungsempfehlung beschäftigt sich zunächst mit den Unterschieden zwischen arbeitsorientierter und lebensweltorientierter Grundbildung sowie mit den Herausforderungen auf inhaltlicher und organisatorischer Ebene. Im Anschluss werden die Erfahrungen aus dem Projekt #ABCforJobs reflektiert. Abschließend werden dann konkrete Handlungsempfehlungen für eine effektivere Zusammenarbeit aufgezeigt.
Was ist lebensweltorientierte Grundbildung? Und wie unterscheidet sie sich von der arbeitsorientierten Grundbildung? Auf den ersten Blick scheint die Antwort einfach: Die lebensweltorientierte Grundbildung legt den Fokus auf alltagsrelevante Kompetenzen, während sich die arbeitsorientierte Grundbildung auf die Vermittlung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten konzentriert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese Trennung zu eindimensional ist, da viele Aspekte wie Lesen, Schreiben, Rechnen, digitale Kompetenzen und soziale Interaktion wechselseitig relevant sind. Wenn eine Differenzierung notwendig ist, erscheint es effektiver, die Lokalisation als Orientierungspunkt zu nehmen. Die lebensweltorientierte Grundbildung findet häufig in Bildungseinrichtungen, sozialen Einrichtungen sowie an den sogenannten „dritten Bildungsorten“ (Lernräumen wie Bibliotheken oder Stadtteiltreffs) statt. Sie ist in den Alltag integriert und bezieht sich auf Themen aus der Lebenswelt. Beispiele sind das Lesen und Verstehen von Formularen, das Ausführen digitaler Banküberweisungen oder das Online-Buchen von Arztterminen. Die arbeitsorientierte Grundbildung findet dagegen häufig am Arbeitsplatz bzw. in enger Kooperation mit den Betrieben statt und richtet sich danach, was im beruflichen Alltag benötigt wird. Dazu gehört beispielsweise Maschinenhandbücher zu verstehen oder Berichte in einfacher Sprache zu verfassen.
In der arbeitsorientierten Grundbildung ist es vergleichsweise einfach, passende Ziele zu definieren, um sich zu fokussieren und zu motivieren. Zentral ist dabei die Frage: „Was brauche ich, um meine Arbeit besser zu machen?“ Im lebensweltlichen Angebot ist dies herausfordernder. Die Lernziele sind vielfältig und orientieren sich an den konkreten Lebenssituationen und Bedürfnissen der Menschen. Sie reichen von „den Kindern vorlesen zu können“ über „eigenständig Briefe beantworten zu können“ bis „den Alltag eigenständig strukturieren zu können“. Für Personen im erwerbsfähigen Alter ist oft auch das Thema Arbeit relevant, sodass Zieldefinitionen wie „Ich möchte arbeiten gehen“ oder „Ich möchte mich online bewerben“ entstehen. Dennoch kann auch in der lebensweltorientierten Grundbildung eine starke Motivation entstehen, wenn sich das Angebot an den persönlichen Interessen und Lebenswelten der Lernenden orientiert.
Herausforderungen auf der Inhalts- und Organisationsebene
Ausgehend vom Menschen ist die inhaltliche Schnittstelle zwischen lebenswelt- und arbeitsorientierter Grundbildung ein zentraler Ansatzpunkt, um die gesellschaftliche Teilhabe und die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern. An dieser Schnittstelle werden Basiskompetenzen, die sowohl im Berufsleben als auch im Alltag von zentraler Bedeutung sind, miteinander verbunden. Alltagsrelevante Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und digitale Fertigkeiten werden mit arbeitsmarktspezifischen Anforderungen wie berufsspezifischem Sprachgebrauch und Fachkenntnissen verknüpft. Durch diese integrative Ausrichtung entsteht ein direkter Mehrwert für die Zielgruppe, da sich deren Handlungskompetenz in allen Lebensbereichen erhöht. Die Verbindung von beruflichen und privaten Anwendungssituationen sorgt für nachhaltigere Lernerfolge. Insbesondere Menschen mit geringer Literalität eröffnet sich so eine neue Perspektive für berufliche und soziale Teilhabe. Neben der Überschneidung der Lernfelder bieten auch Lernorte und Lernformate Berührungspunkte. Arbeitsplatznahe Lernumgebungen bieten die Gelegenheit, Basiskompetenzen sowohl beruflich als auch lebensweltlich zu trainieren. Das Feedback der Teilnehmenden und Lehrenden im Projekt #ABCforJobs hat beispielsweise gezeigt, dass das Lernen im Betrieb mit digitalen Medien und immersiven Lernerlebnissen wie Gamification oder Virtual Reality nicht nur die beruflichen IT-Kenntnisse verbessert, sondern auch die Kompetenzen im digitalen Alltag, etwa die Nutzung von Smartphones oder die Orientierung in Online-Portalen. Ausführlichere Informationen zu den digitalen Inhalten des Projekts sind in der Handlungsempfehlung „Didaktische Gestaltung digitaler Trainings und Serious Games – Empfehlungen für die Praxis“ zu finden.

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Die Herausforderungen zeigen sich auf der Organisationsebene, denn die aktuelle Struktur der Förderungen ist anders. Zwar unterstützen Förderprogramme in der Grundbildung sowohl lebensweltorientierte als auch arbeitsorientierte Ansätze. Oft ist es jedoch notwendig, sich formal auf einen Schwerpunkt zu fokussieren, wie es beispielsweise in der Förderung von Grundkompetenzen gering literalisierter Erwachsener bei ESF+ Hessen der Fall ist. Oft gibt es auch jeweils eigene Förderprogramme für lebensweltorientierte und arbeitsorientierte Ansätze, wie es in der AlphaDekade der Fall ist. Bei anderen Fördertöpfen steht dagegen ausschließlich der Arbeitsbezug im Vordergrund, wie beispielsweise bei dem hessischen Landesförderprogramm IdeA (Impulse der Arbeitsmarktpolitik). In der Umsetzung von Angeboten zeigt sich jedoch, dass eine Verknüpfung von lebenswelt- und arbeitsweltorientierter Grundbildung durch die Bedarfe der Lernenden oft automatisch stattfindet und es in der Praxis keine strikte Trennung gibt. Ein Beispiel hierfür ist der offene Lernraum der VHS Frankfurt im Rahmen des Projekts „Selbstlernzentrum“, das von der Europäischen Union und dem Land Hessen gefördert wird. In diesem Projekt beziehen sich die Alltagsfragen der Lernenden auch auf berufliche Themen wie beispielsweise Bewerbungen. Der Bedarf orientiert sich an der Lebenswirklichkeit der Lernenden, doch die vorhandenen Fördertöpfe lassen sich aktuell nur unzureichend synchronisieren.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich im Hinblick auf die Gruppe der gering literalisierten Menschen. Sie benötigen eine bewusste Wegbegleitung – nicht nur im übertragenen, sondern auch im wortwörtlichen Sinne. Die Erfahrungen aus Projekten wie “Basisbildung für Arbeit, Soziale Integration und Chancen (BASIC)“ der VHS Frankfurt zeigen, dass diese Personen im Idealfall gezielt einen Ausflug aus dem betrieblichen Kontext zur VHS machen sollten, um im Anschluss an die Projektlaufzeit in die Kurse dort integriert werden zu können. So wird ein direkter Übergang geschaffen – in diesem Beispiel zwischen Betrieb und VHS-Kurs.
Zusammengefasst lassen sich die folgenden organisatorischen und strukturellen Barrieren festhalten:
- Trennung der Programme: Lebenswelt- und arbeitsorientierte Angebote sind häufig aufgrund unterschiedlicher Finanzierungssysteme und Zielsetzungen getrennt. Diese mangelnde Verzahnung erschwert eine kontinuierliche Förderung und erfordert eine bessere Abstimmung zwischen den Verantwortlichen. Das zeigt sich auch am Beispiel der AlphaDekade.
- Fehlende Ressourcen: Ein Mangel an qualifizierten Lehrkräften, unzureichende zeitliche Ressourcen und eine instabile Finanzierung begrenzen die Wirksamkeit und Reichweite bestehender Ansätze erheblich.
- Projektcharakter der Angebote: Viele Programme laufen als befristete Projekte. Dies verhindert die notwendige Kontinuität für eine langfristige Begleitung der Zielgruppe.
- Netzwerkprobleme: Vernetzungsstrukturen sind häufig nicht nachhaltig, zu formalisiert oder schlecht kommuniziert, was die Dynamik und den kreativen Austausch zwischen den Akteur*innen einschränkt.
- Unzureichende Übergangsstrukturen: Insbesondere im Übergang von Integrations- oder Sprachkursen zu weiterführenden Angeboten der Grundbildung fehlen klare Zuständigkeiten und eine unterstützende Infrastruktur. Lehrkräfte haben häufig weder den Auftrag noch die Ressourcen, um Anschlussperspektiven aktiv mitzugestalten. Dadurch bleiben Potenziale ungenutzt, und viele Lernende verlieren nach Kursende den Anschluss.
Die zielgruppenspezifischen Bedarfe sind hingegen individuell und praxisnah. „Individuell“ bedeutet, dass gering literalisierte Personen passgenaue und niedrigschwellige Angebote benötigen, die auf ihre spezifischen Lebens- und Arbeitskontexte zugeschnitten sind und die jeweiligen Voraussetzungen berücksichtigen. Motivation entsteht oft durch konkrete Alltagsthemen oder berufliche Anforderungen.
„Praxisnah“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Verbindung von lebenswelt- und arbeitsorientierten Inhalten praxisnahe und motivierende Lernziele erfordert. Direkte Erfolgserlebnisse, wie das Erlernen von Fachvokabular oder das Erstellen eines Lebenslaufs, steigern die Motivation und die langfristige Lernbereitschaft.
Erfahrungen im Projekt #ABCforJobs
Das Verbundprojekt #ABCforJobs startete im November 2021 als eines der letzten Projekte der AlphaDekade. Der Aufbau der Projektstrukturen dauerte mehrere Monate, bis der Zugang zu bestehenden Netzwerken hergestellt und der Austausch mit anderen Akteur*innen im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung etabliert werden konnte.
Die Lerninhalte orientieren sich inhaltlich an den branchenbezogenen Bedarfen. Mithilfe eines Blended-Learning-Angebots, das digitales Lernen mit Präsenzphasen kombiniert, werden berufliche und alltagsbezogene Inhalte gleichermaßen vermittelt. Beim aufgabenbasierten Lernen werden Themen aus der Arbeitswelt und dem Alltag verknüpft, indem konkrete Aufgaben mit direktem Anwendungsbezug bearbeitet werden. So kann eine Aufgabe zum Ausfüllen von Bestellungen sowohl die Kompetenzen für berufliche Aufgaben als auch für die private Haushaltsführung fördern. Ausführliche Informationen zu den entwickelten Lerninhalten sind in der Handlungsempfehlung „Erstellung branchenspezifischer Curricula für gering Literalisierte unter Anwendung von Szenariendidaktik“ zu finden.
Sowohl die VHS als auch die GFFB in Frankfurt sind seit vielen Jahren im Bildungsbereich tätig. Die VHS war nicht von Beginn an als Konsortialpartnerin in das Projekt #ABCforJobs involviert, sondern wurde gezielt zu einem späteren Zeitpunkt integriert, um die Schnittstelle zwischen lebenswelt- und arbeitsorientierter Grundbildung zu optimieren. Während die GFFB arbeitsorientiert arbeitet, verfolgt die VHS in den aktuellen Grundbildungsprojekten einen lebensweltorientierten Ansatz. Auf strategischer Ebene gab es einen Austausch von Ideen und Ansätzen, doch die Umsetzung auf operativer Ebene gestaltete sich häufig herausfordernd.
Das Projekt #ABCforJobs zeigt, dass Interesse und Austausch über die gemeinsame Zielgruppe allein nicht ausreichen, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewährleisten. Auf operativer Ebene fehlt es an Zeit und personellen Ressourcen, sodass es lange dauert, bis die handelnden Akteur*innen voneinander erfahren und miteinander ins Gespräch kommen. Zudem stellt die wiederkehrende Beantragung neuer Projektmittel eine Hürde dar, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit erschwert. Diese Faktoren hindern daran, neue Ideen gemeinsam und nachhaltig zu verwirklichen.
In Einzelfällen funktioniert die Verweisstruktur zwischen den Träger*innen. Als Konsortialpartner ist die VHS ein wichtiger Akteur im Projekt. Ihre umfangreiche Erfahrung im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung ist von großem Vorteil. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit der beteiligten Personen ist ein klarer Mehrwert des Projekts. Dennoch bleibt festzuhalten, dass unter besseren Voraussetzungen und mit mehr Ressourcen deutlich mehr möglich gewesen wäre. Gerade deshalb wäre eine koordinierende Stelle von zentraler Bedeutung, da es nicht zu den Aufgaben der Lehrkräfte gehört, gezielt Bildungspfade zu identifizieren und diese gemeinsam mit den Teilnehmenden zu entwickeln. Diese strukturelle Lücke erschwert nachhaltige Übergänge.
Bei der Erarbeitung der Handlungsempfehlungen wurde die Zusammenarbeit reflektiert. Dabei wurde deutlich, dass es Räume braucht, in denen sich Akteur*innen in vertrauensvoller Atmosphäre austauschen können. Solche Räume ermöglichen ein Kennenlernen, den Aufbau von Vertrauen, die Realisierung gemeinsamer Ideen und die Nutzung von Synergien.

Empfehlungen für eine effektivere Zusammenarbeit
Basierend auf dem Wissen über die Schnittstelle zwischen arbeitsorientierter und lebensweltorientierter Grundbildung sowie auf den Erfahrungen aus dem Projekt #ABCforJobs und der Grundbildungsarbeit der VHS werden folgende Handlungsfelder abgeleitet:
- Entwicklung integrierter Bildungsangebote
- Aufbau und Stärkung von Netzwerken
- Sicherstellung von Nachhaltigkeit
- Schaffung von Räumen für Erfahrungsaustausch
- Qualifizierung von Lehrkräften
Die Entwicklung integrierter Bildungsangebote bedeutet einerseits eine Verknüpfung von Alltag und Beruf. Bildungsangebote sollten alltagspraktische Themen (z. B. Haushaltsbudgetierung, digitale Grundkompetenzen) mit arbeitsrelevanten Inhalten (z. B. Excel-Kenntnisse oder branchenspezifisches Vokabular) kombinieren. Diese Verknüpfung schafft einen unmittelbaren Bezug zur Lebensrealität der Zielgruppe. Andererseits braucht es ein bedarfsorientiertes Lernen. Die Angebote müssen zielgerichtet und flexibel gestaltet werden, um die Bedürfnisse der Zielgruppe bestmöglich zu erfüllen. Solche Ansätze werden bereits in der Praxis umgesetzt und können weiterentwickelt werden.
Der Aufbau und die Stärkung von Netzwerken bedeutet, dass regelmäßige Treffen von Bildungsträger*innen auf kommunaler und regionaler Ebene den Austausch bewährter Verfahren und die Entwicklung neuer Ansätze fördern. Wesentlich ist, dass die Netzwerke transparent sind und allen relevanten Akteur*innen Zugang gewähren. In diesem Zusammenhang ist auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bildungsanbieter*innen von Bedeutung. Sie ermöglicht eine umfassendere Unterstützung und eine bessere Weitervermittlung der Lernenden. Um Themen weiterzuentwickeln und gemeinsam neue Wege zu finden, ist eine offene Kommunikationskultur notwendig. Dazu zählen eine transparente Fehlerkultur und ein offener Austausch über Erfolge und Herausforderungen. Nur so können Innovationen und Synergieeffekte entstehen. Ausführliche Informationen dazu finden sich in der Handlungsempfehlung „Netzwerke für die arbeitsorientierte Grundbildung erfolgreich gestalten“.
Für eine Verbesserung der Schnittstelle ist es wesentlich, Nachhaltigkeit zu sichern. Es braucht verlässliche Strukturen. Dauerhafte Organisationen und klar definierte Verantwortlichkeiten sind entscheidend, um langfristige Angebote zu gewährleisten. Projektförderungen sollten durch Regelförderungen ergänzt werden. Vor allem aber ist ein Umdenken bei der Finanzierung erforderlich. Eine stabile Finanzierung bildet die Grundlage für den Aufbau nachhaltiger Programme und Netzwerke. Sie sollte ausreichend bemessen sein für Fortbildungsangebote, Personal und Infrastruktur. Von besonderer Wichtigkeit wäre die Finanzierung einer Koordinationsstelle, die gezielt die verschiedenen Partner*innen gezielt miteinander vernetzt und Räume für Planungen und Abstimmungen schafft. Bei der Bereitstellung von Fördertöpfen sollte vor allem der Fokus auf dem Menschen liegen. Es braucht integrative Bildungsangebote, die arbeitsorientiert sind und die Lebenswelt der Menschen gleichermaßen berücksichtigen.
Die Schaffung von Räumen für den Erfahrungsaustausch, die die bestehenden Netzwerke ergänzen, ermöglicht einen kollegialen und vertrauensvollen Austausch der operativen Kräfte. Im Idealfall können so neue innovative Ansätze entwickelt werden. Gleichzeitig kann so eine bessere Transparenz über Angebote sichergestellt werden. Bildungsträger*innen kommunizieren ihre Schwerpunkte, Zielsetzungen und geplanten Aktivitäten offen, um Doppelstrukturen zu vermeiden und Kooperationen zu fördern.
Die Qualifizierung von Lehrkräften ist entscheidend für die Umsetzung integrativer Bildungsangebote. Dabei geht es darum, didaktische Kompetenzen in beiden Bildungsansätzen zu stärken. Dafür sind ausreichende Finanzierungen sowie Fortbildungsprogramme nötig, die pädagogische und fachliche Kompetenzen, etwa im Bereich digitale Medien oder arbeitsmarktspezifische Qualifikationen, abdecken. Zudem benötigen Lehrkräfte praktische Unterstützung, etwa durch Mentoring, um die Theorie in die Praxis umzusetzen. Gerade in der arbeitsorientierten Grundbildung ist es für Lehrkräfte von entscheidender Bedeutung, sich auf berufsspezifische Themen einzulassen. Dafür müssen häufig eigene Lehrmaterialien entwickelt werden, wofür wiederum ein fachliches Verständnis für betriebliche Anforderungen erforderlich ist. Die Kommunikation mit Betrieben spielt hierbei eine zentrale Rolle.
Fazit
Letzten Endes zeigt sich, dass die Kategorisierung in „lebensweltorientiert“ und „arbeitsorientiert“ nur bedingt hilfreich ist. Zentral ist vielmehr, dass ein Angebot einen Mehrwert für einzelne Personen bietet. Die Teilnahme an einem Angebot muss zu einer verbesserten Handlungskompetenz in bestimmten Bereichen führen. Bezogen auf Menschen mit geringer Literalisierung bedeutet dies, dass das Ziel „besser Lesen und Schreiben“ nicht ausreicht. Vielmehr ist ein zielgerichtetes Lernen erforderlich, um direkte Erfolgserlebnisse zu erzielen, beispielsweise im Hinblick auf den Wortschatz eines Berufsfeldes oder das Erlernen praktischer Fähigkeiten wie das Lesen von Fahrplänen. Es braucht passgenaue, dauerhafte Angebote, die den Bedarf der Zielgruppe decken. Ein wesentlicher Unterschied in der arbeitsorientierten Grundbildung ist die direkte Zusammenarbeit mit Betrieben, die für Sprachlehrkräfte oft ein neues, wenig vertrautes Terrain ist und zusätzliche Kompetenzen sowie Unterstützung erfordert.
An der Schnittstelle zwischen lebenswelt- und arbeitsweltorientierter Grundbildung bestehen große Potenziale zur Förderung individueller Kompetenzen und gesellschaftlicher Teilhabe. Um diese Potenziale voll auszuschöpfen, sind integrierte Bildungsangebote, stabile Netzwerke und nachhaltige Strukturen essenziell. Die Organisation von Bildungspfaden ist vor allem für die Personen, die eine Erwerbstätigkeit anstreben, von großer Bedeutung, damit keine Förderlücken entstehen. Eine gezielte und koordinierte Zusammenarbeit aller Beteiligten ist notwendig, um der Zielgruppe individuelle und wirksame Unterstützung zu bieten – insbesondere im Übergang von gesellschaftlicher zur beruflichen Teilhabe.
Herausgegeben von
GFFB gGmbH
Projekt #ABCforJobs
(Projektlaufzeit 01.11.2021 bis 31.10.2025)
Mainzer Landstraße 349
60326 Frankfurt am Main
Autorin
Katja Rodtmann, GFFB gGmbH
Co-Autorinnen
Christiane Jellonnek, VHS Frankfurt
Dr. Carola Rieckmann, VHS Frankfurt
Cyntha Wirantaprawira, Weiterbildung Hessen e. V.
Diese Publikation wurde im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem Förderkennzeichen W-1505A-AOG gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin/beim Autor.
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