Handlungsempfehlung #ABCforJobs

#6 – Erstellung branchenspezifischer Curricula für gering Literalisierte unter Anwendung von Szenariendidaktik

Handlungsempfehlung #ABCforJobs

Erstellung branchenspezifischer Curricula für gering Literalisierte unter Anwendung von Szenariendidaktik

Die Handlungsempfehlung zur Erstellung branchenspezifischer Curricula des Projekts #ABCforJobs beschreibt die Erfahrungen aus der Planung, Entwicklung, Erprobung und Umsetzung zweier Curricula für den Bereich Hotellerie und Gastronomie (HoGa) sowie für die Gepäckabfertigung. Die Handlungsempfehlung erläutert die Ausgangslage und die Vorgaben, wie sie sich zu Beginn der Curriculaplanung darstellten. Darüber hinaus werden die Entwicklungs- und Erprobungsphasen sowie die Beobachtungen während der konkreten Anwendungen beschrieben. Das Ziel besteht darin, die gewonnenen Erkenntnisse für die zukünftige Erstellung von Curricula für gering Literalisierte mit Alpha-Level 3/4 in vergleichbaren Branchen oder Tätigkeitsfeldern nutzbar zu machen.

Beide Curricula umfassen drei Module. Unter (weitgehender) Anwendung der Szenariendidaktik mit dem Modell der vollständigen Handlung befassen sich die Lerninhalte mit dem Arbeitsalltag und den Aufgabengebieten in den Bereichen Housekeeping, Küche und Service in der Hotellerie und Gastronomie sowie der Gepäckabfertigung. Die Module enthalten analoge Arbeitsblätter und digitale Übungen, die sich sowohl für den Einsatz im Präsenzunterricht als auch in Selbstlernphasen eignen. Das „Curriculum HoGa“ und das „Curriculum Gepäckabfertigung“ wurden als eigenständige Produkte veröffentlicht und sind entsprechend öffentlich zugänglich.

Die Ziele der Curricula und der enthaltenen Lernmaterialien bestehen darin, die schriftsprachlichen und digitalen Kompetenzen der Teilnehmenden anhand der branchen- und tätigkeitsbezogenen Lerninhalte und Aufgabenstellungen zu verbessern und sie somit auf mögliche Tätigkeiten in den betreffenden Branchen und Arbeitsbereichen vorzubereiten bzw. sie dabei zu unterstützen.

Rahmenbedingungen bei der Entwicklung

Ausgangssituation und Kooperationen

Beide Curricula richten sich an gering Literalisierte mit den schriftsprachlichen Kompetenzen auf den Alpha-Leveln 3/4 im Bereich Lesen und Schreiben und wurden in Kooperation mit branchenspezifischen Partner*innen entwickelt. Für den Bereich Hotellerie und Gastronomie war dies der DEHOGA Hessen e. V., für die Gepäckabfertigung die Fraport Ground Services GmbH.

Die Vermittlung der Lerninhalte erfolgt im Rahmen eines szenariendidaktischen Konzepts, bei dem folgende Kompetenzen der Teilnehmenden beachtet, aufgebaut und gestärkt werden:

  • Wahrnehmungsfähigkeiten, Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Selbstbewusstsein der Teilnehmenden, Teilnehmenden-Ressourcen, positive Fehlerkultur (Fehler sind beim Lernen hilfreich)
  • Lernstrategien wie z. B. Memorieren, Informationen strukturieren, Automatisieren
  • Hören und phonologisches Bewusstsein: laut sprechen, laut lesen, nachsprechen, Tandemlesen
  • Abschreiben, gelenktes Schreiben, freies Schreiben

Die Curricula und Lernmaterialien berücksichtigen dabei die vonseiten der Kooperationspartner*innen im Projekt vorab genannten wünschenswerten Kann-Bestimmungen. Diese dienen als inhaltliche Vorgaben und sind so genau, umfangreich und sinnhaft wie möglich in die Lernthemen und Aufgabenstellungen der schriftsprachlichen Curricula integriert.

Für das Curriculum Hotellerie und Gastronomie sind dies beispielsweise:

  • Gästewünsche und Sonderwünsche lesen und verstehen sowie bei Bedarf beraten können.
  • Bestellungen o. Ä. am Telefon vorlesen können.
  • Getränke und Speisen der Menü-, Speise- oder Tageskarte lesen und benennen können.
  • Eintragungen in das Übergabebuch bzw. das Übergabesystem lesen, verstehen, vornehmen und umsetzen können.
  • Notizen verfassen und hinterlassen können.
  • E-Mails schreiben können.
  • Rechnungen lesen und schreiben können.
  • Eintragungen in der Gästehistorie (im Property-Management-System) lesen, verstehen und umsetzen können.
  • Änderungen einer Veranstaltung (Funktionssheet) lesen, verstehen und korrekt bearbeiten können.
  • Einen Arbeitsvertrag lesen und verstehen können.

Für den Bereich der Gepäckabfertigung lauten die Kann-Bestimmungen:

  • Verständnis des Baggage Reconciliation Systems (BRS-Systems) und der Funktionsweise des BRS-Gerätes. BRS bezeichnet ein System zur Gepäckzusammenführung, das genutzt wird, um jedes Gepäckstück einem Fluggast zuordnen zu können. Dies soll verhindern, dass unbegleitetes Gepäck an Bord eines Flugzeugs gelangt.
  • Sichere Verwendung der Computertastatur und Kenntnis der Bedeutung der F-Tasten.
  • Fachwortschatzkenntnisse von Gepäckabfertigung Stufe 1 und 2.
  • Verständnis logischer Abläufe (Logikübungen).
  • Verständnis und Anwendung gängiger Abkürzungen.
  • Erstellung eines sicheren Kennworts und Anmeldung im System.
  • Verfassen kurzer Mitteilungen und Kommentare im System.
  • Airline-Texten wichtige Angaben entnehmen.
  • Kenntnis der Aufgabenformate in der betriebsinternen Prüfung und deren strategische Bewältigung.

Materialien anderer AlphaDekade-Projekte wurden gezielt genutzt und eingebunden, beispielsweise durch die Verwendung der Impulskarten zum Bereich Abbau von Lernhemmnissen aus dem „Projekt Knotenpunkte für Grundbildung – Transfer“ von Annelie Cremer-Freis in Trier oder durch eVideo. Umfassende Materialien, die im Rahmen der AlphaDekade entwickelt wurden, sind in der Produktdatenbank Alphabetisierung und Grundbildung (PAG) vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V. (DIE) zu finden.

Zielgruppe

Die Curricula sind, wie bereits erwähnt, für gering literalisierte Personen mit Lese- und Schreibkenntnissen der Alpha-Levels 3/4 geplant und erstellt worden. Das Curriculum „HoGa“ richtet sich an erwerbstätige und erwerbslose Teilnehmende, die im Arbeitsbereich Hotellerie und Gastronomie tätig sind bzw. eine Affinität zu HoGa-Themen mitbringen. Das Curriculum „Gepäckabfertigung richtet sich an Personen, die in der Gepäckabfertigung tätig sind und das Ziel haben, an einer internen Qualifizierung zur nächsthöheren Stufe erfolgreich teilzunehmen. Somit hat dieses Curriculum eine sehr betriebsspezifische Ausgangslage.

Die Teilnehmenden sind in beiden Kontexten hinsichtlich Herkunft, Erstsprache, Lerngewohnheiten und Vorkenntnissen sehr heterogen. Die Teilnahme setzt mündliche Deutschkenntnisse (Hörverstehen und Sprechen) voraus, die eine sinnvolle Beteiligung am Unterricht ermöglichen.

Die schriftsprachlichen Kompetenzen variieren deutlich; insbesondere das freie Schreiben stellt für viele Teilnehmende eine Herausforderung dar. Wortschatzdefizite und Unterschiede im Leseverständnis müssen berücksichtigt werden. Eine Teilnahme an den Trainings setzt keine formalen Abschlüsse voraus. Vielmehr steht die Anschlussfähigkeit an die berufliche Praxis im Vordergrund.

Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

Lernlab, in dem Trainings stattfanden.

Curriculare Konzeption und Trainingssetting

Die zentrale didaktische Grundannahme beider Curricula ist, dass die Förderung schriftsprachlicher Kompetenzen mit der Erweiterung digitaler Grundkompetenzen einhergeht bzw. einhergehen sollte. Beide Curricula greifen relevante Tätigkeitsbereiche der jeweiligen Branche auf und übersetzen sie in sprachlich und fachlich angemessene Lernziele und Aufgabenstellungen. Die digitalen Kompetenzen werden sowohl in den schriftsprachlichen Lerneinheiten und Übungsmaterialien als auch durch gezielte Trainingseinheiten mit digitalen Übungen gefördert.

Um den individuellen Kenntnisstand der Teilnehmenden zu Kursbeginn einschätzen zu können, absolvieren diese den im Rahmen des Projekts entwickelten, alltags- und praxisnahen

Digitaltest. Die Ergebnisse unterstützen die Kursleitung dabei, das vorhandene Vorwissen hinsichtlich digitaler Kompetenzen zu erfassen und die Teilnehmenden gezielt zu fördern. Weitere Informationen zum digitalen Kompetenzfeststellungsverfahren (Digitaltest) sind in einer separaten Handlungsempfehlung zu finden.

Trainingsort, erforderliche Ausstattung und Trainingsintensität

Die Trainings sind als Präsenzveranstaltungen konzipiert und wurden an verschiedenen Orten, auch in Unternehmen, mit unterschiedlichen räumlichen und technischen Bedingungen durchgeführt. Somit sind die Lerninhalte mehrfach und umfassend erprobt und können an unterschiedlichen Orten und in verschiedenen Räumlichkeiten umgesetzt werden. Eine grundlegende digitale Infrastruktur (Internet, internetfähige Endgeräte) ist zumindest teilweise erforderlich, z. B. für manche Unterrichtssettings (Blended Learning).

Die Dauer und Intensität des Trainings, also wie viele Unterrichtseinheiten pro Woche und Unterrichtstag, zu welchen Tageszeiten (während oder außerhalb der Arbeitszeit) und somit die Dauer der Module orientieren sich am konkreten Curriculumskonzept. In der Hotellerie und Gastronomie sind dies pro Modul ca. 60 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten. In der Gepäckabfertigung umfassen die Module aufgrund ihrer unterschiedlichen Inhalte verschiedene Anzahlen schriftsprachlicher Unterrichtseinheiten. Trainingsdauer und -intensität können aber flexibel an die Bedarfe der Teilnehmenden bzw. die Wünsche der Unternehmen angepasst werden. Bisherige Erprobungen im Bereich HoGa reichten von wöchentlich einmaligen Trainings mit drei Unterrichtseinheiten bis zu wöchentlich zwei Unterrichtstagen mit jeweils zwei Unterrichtseinheiten. In der Gepäckabfertigung fanden die Trainings wöchentlich zweimal mit jeweils drei Unterrichtseinheiten statt.

Die Curricula können wie modulare Baukästen genutzt werden: Aus ihnen können einzelne Szenarien, Lernthemen oder -inhalte ausgewählt und angepasst werden. Dies unterstützt auch die in der Realität oft notwendige bzw. praktizierte Kurseinmündung, indem potenziellen Teilnehmenden ein fließender Einstieg in das Training ermöglicht wird.

Die Gruppengröße sollte in den Trainings zehn Personen möglichst nicht überschreiten, um eine effektive Durchführung von Tandemübungen und Gruppenaufgaben zu ermöglichen. In der Praxis wurden Gruppen mit ein bis zehn Teilnehmenden unterrichtet. Bei einer kleineren Gruppengröße gestaltet sich die Durchführung vieler Aufgaben jedoch schwierig, da die Lehrkraft eine deutlich präsentere Rolle einnimmt.

Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

Training #ABCforJobs

Materialien

Das entwickelte Konzept umfasst ein Curriculum für Lehrkräfte in Form einer Handreichung für Lehrende mit Empfehlungen und Hinweisen zur Nutzung der unterschiedlichen Fragestellungen und Lernmaterialien sowie Arbeitsblätter mit Lösungen für Lehrkräfte und Arbeitsblätter ohne Lösungen für Teilnehmende. Neben analogen Lernmaterialien und Arbeitsblättern stehen auch digitale Inhalte und Ausführungen im Rahmen des Blended Learnings zur Verfügung.

Die Aufgaben- und Unterrichtsmaterialien zur Gepäckabfertigung basieren auf Grund- und Aufbauwortschatzlisten sowie den Schulungsunterlagen und Präsentationen des kooperierenden Betriebs.

Digitale Lerninhalte

  • HoGa und Gepäckabfertigung: Grundlagen der Computerbedienung
  • HoGa und Gepäckabfertigung: Arbeiten mit Tastatur und Textverarbeitung
  • HoGa: Digitale Zusammenarbeit und weiterführende Textverarbeitung

Schriftsprachliche Lerninhalte

Der schriftsprachliche Unterricht umfasst Lesetraining, Schreibtraining sowie tätigkeitsbezogene Lerninhalte. Die nachfolgenden Aufgabenstellungen und Lernthemen werden dabei in den verschiedenen Szenarien der Module umgesetzt. Hierfür werden auch digitale Endgeräte als Lernwerkzeuge genutzt.

Inhalte und Lernziele des Lesetrainings sind unter anderem Lesestrategien auf Wort-, Satz- und Textebene, Leseflüssigkeit, die Förderung der phonologischen Bewusstheit, Komposita, das Textverständnis und die Textanalyse sowie Prüfungsaufgaben und Operatoren im Bereich der Gepäckabfertigung. Die Inhalte und Lernziele des Schreibtrainings umfassen das Abschreiben von Wörtern, Sätzen und Texten, Strategien zum Textschreiben und die Erstellung von Fachwortschatzlisten.

Tätigkeitsbezogene Inhalte und Lernziele beider Curricula sind Lernstrategien und -tipps sowie Logikaufgaben. Diese branchenübergreifenden Themen werden für die Hotellerie und Gastronomie um die Struktur des Property–Management-Systems, Zeitmanagement sowie Methoden zur Planung und Strukturierung von Aufgaben ergänzt. Die spezifischen Lerninhalte für die Gepäckabfertigung umfassen Arbeitsschritte in der Gepäckabfertigung, Tabellen, Fachwortschatz, Fremdwörter, branchen- und unternehmensspezifische Abkürzungen sowie Computertastatur.

Einsatz der Szenarienmethode mit dem Modell der vollständigen Handlung als didaktische Grundlage der Curricula

Die Szenariendidaktik mit dem Modell der vollständigen Handlung ist ein umfassendes und komplexes Unterrichtskonzept. Es basiert auf möglichst handlungsorientierten und realistischen Aufgabenstellungen und berücksichtigt die Bedarfe und Interessen der Teilnehmenden. Das Konzept kann sowohl im Sprach- als auch im Fachunterricht angewendet werden (vgl. hierzu und  im Folgenden z. B. Sass/Eilert-Ebke: 2015 und phase6 Magazin: 2020).

Die Teilnehmenden werden in möglichst realistische Szenarien mit Alltags-, Lebens- und/oder Arbeitsbezug eingebunden, in denen konkrete, realitätsnahe sprachliche und/oder nichtsprachliche Handlungen erzeugt und geübt werden. Die Szenarien umfassen dabei unterschiedliche Handlungsphasen:

Die Teilnehmenden werden aktiv in das Unterrichtsgeschehen integriert und ihre Vorkenntnisse und Interessen fließen in die Unterrichtsplanung und -durchführung ein. Es wird ein ganzheitliches Lernen auf kognitiver, sozialer und kommunikativer Ebene angestrebt. Dazu entwickeln die Teilnehmenden konkrete Handlungsfolgen gemeinsam, erarbeiten sie in Teilhandlungen und führen sie durch. Dadurch wird die Sinnhaftigkeit des Lernprozesses transparent und für die Teilnehmenden nachvollziehbar. Diese Unterstützung in ihrer eigenständigen Entwicklung führt zu mehr Selbstständigkeit, Selbstwirksamkeit und einem verstärkten Selbstwertgefühl. Das stützt die Lernmotivation positiv. Die Basis des Modells der vollständigen Handlung bilden das gemeinsame Entwickeln und Handeln, das Erstellen sogenannter Produkte und deren Präsentation sowie die Reflexion in der Gruppe.

Die Anwendung der Szenariendidaktik innerhalb der Curricula von #ABCforJobs bietet zahlreiche Vorteile:

  • Die Teilnehmenden lernen und agieren nicht allein, sondern in Tandems oder Kleingruppen, was auch den autonomen Lernprozess stützt. Die Teilnehmenden trainieren unterschiedliche alltags- und arbeitsrelevante Schlüsselkompetenzen wie z. B. Kommunikation und Kooperation. Dabei wird ein möglichst ganzheitliches Lernen angestrebt, das unterschiedliche Lerntypen anspricht und im Unterrichtsgeschehen abholt. Es geht somit nicht nur um die reine Wissensvermittlung.
  • Die Teilnehmenden durchlaufen in den Unterrichtseinheiten verschiedene Aufgabenstellungen und Übungstypen. Diese wurden auf der Grundlage der zuvor beschriebenen Kann-Bestimmungen entwickelt, um typische schriftsprachliche und digitale Anforderungen bzw. Herausforderungen beruflicher Tätigkeiten in Hotellerie und Gastronomie bzw. der Gepäckabfertigung aufzugreifen und deren aktive Bewältigung zu trainieren und zu fördern.

Gleichzeitig stellte sich die Anwendung des szenariendidaktischen Ansatzes in der Praxis jedoch auch als herausfordernd heraus:

  • Heterogene Gruppen bedeuten unterschiedliche Lern- und Bildungshintergründe, unterschiedliche Sprachniveaus usw. Dies muss bei der Umsetzung der Lerninhalte berücksichtigt werden und verlangt von den Lehrkräften Flexibilität sowie die Kompetenz, vorbereitete Lernthemen und -materialien spontan und schnell anzupassen und/oder mit zusätzlichen Erläuterungen bzw. einleitenden Aufgaben zu ergänzen. Die Vorbereitung eines solchen, potenziell differenzierbaren Materials kann somit sehr intensiv und aufwendig sein.
  • Gleichzeitig müssen sich die Lehrenden nach Einweisung der Teilnehmenden in das Szenario in gewissem Maße zurückziehen, um das eigenständige Handeln der Teilnehmenden zu fördern. Sie übernehmen nunmehr die Rolle von Beratenden oder Koordinierenden. Es geht an dieser Stelle darum, die Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden zu unterstützen, indem sie an ihre Eigenständigkeit und Handlungsfähigkeit glauben. Es gilt immer zu bedenken, dass es unterschiedliche Herangehensweisen und Denk(um)wege geben kann, die das gewünschte Lernziel erreichen.
  • Das szenariendidaktische Konzept geht gewissermaßen vom Idealfall einer Unterrichtssituation aus: Die Teilnehmenden kommen regelmäßig, können an allen Phasen der Handlung teilnehmen, sind motiviert und lerninteressiert und verfügen über annähernd gleiche sprachlichen und fachlichen Vorkenntnissen. Die Trainingsrealität sieht jedoch häufig anders aus: Unregelmäßige Teilnahme, mangelndes Interesse und Schwierigkeiten, sich selbstständig in einen Prozess einzubringen und Eigenaktivität zu entwickeln, sind nur einige der Herausforderungen, die sich im Unterrichtsgeschehen zeigen. Den Lehrenden obliegt es, die Teilnehmenden vorzubereiten und im Verlauf immer wieder zu ermutigen und abzuholen. Je authentischer und flexibler das Material und der Umgang damit sind, desto größer sind die Chancen, dass dies gelingt.
Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

Hotel der Module

Branchenspezifika Hotellerie und Gastronomie

Aufbau und Umfang des Curriculums

Das Curriculum umfasst drei Module. Diese drei Module entsprechen bildlich gesehen den verschiedenen Etagen eines Hotels. Während der Unterrichtseinheiten betreten die Teilnehmenden auf jeder Etage fünf schriftsprachliche und einen digitalen Lernraum mit unterschiedlichen Themen und Inhalten: Wortschatz und Leseflüssigkeit, Schriftspracherfahrung, Lernstrategien, Lesen und Schreiben sowie digitale Kompetenzen. Als motivierende Ergänzung wurden drei Serious Games entwickelt, die am Ende jedes Moduls optional eingesetzt werden können:

    Laut-Manager“ nach Modul I, „Escape the Plate“ nach Modul II und „Syllable Soup VR“ nach Modul III. Die Spiele sind nicht im Curriculum verankert, sondern stehen als freiwillige Zusatzangebote zur Verfügung. Sie dienen dazu, den Lernprozess spielerisch abzuschließen und die Teilnehmenden durch positive Erfahrungen und ein anderes Lernmedium zu motivieren.

    Nach Abschluss des dritten Moduls testen die Teilnehmenden die oben genannte VR-Anwendung, die im Rahmen des Projekts entwickelt wurde. Sie dient als motivierende Belohnung und ermöglicht spielerisches Lernen. Nähere Informationen dazu sind in der Handlungsempfehlung „Didaktische Gestaltung digitaler Trainings und Serious Games – Empfehlungen für die Praxis“ zu finden.

    Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

    Etage mit Räumen im Hotel

    Beim Durchlaufen eines Hotelgebäudes mit mehreren Etagen und unterschiedlichen Räumen wird der Lernprozess visualisiert. Im Zuge unterschiedlicher Arbeitsaufträge wird dabei der gewünschte Arbeits- und Handlungsbezug gespiegelt. Die ergebnisorientierten Lerninhalte sind in den Kontext konkreter Arbeitssituationen und Tätigkeiten in Hotellerie und Gastronomie eingebettet. Die digitalen Übungen entsprechen den audiovisuellen Bedürfnissen der Zielgruppe.

    Alle drei Module enthalten analoge und digitale Trainingseinheiten, die ineinandergreifen oder als Wiederholung dienen. Dadurch werden digitale Grundkompetenzen aufgebaut bzw. gefördert und die schriftsprachlichen Lerninhalte unterstützt und ergänzt. Somit wird dem Projektanspruch der schriftsprachlichen und digitalen Kompetenzerweiterung Rechnung getragen.

      Der Raum „Digitale Kompetenzen“ vermittelt grundlegende Kenntnisse zur Nutzung von Computern und digitalen Werkzeugen. Dazu gehören die Bedienung von Tastatur und Maus, das Speichern und Verwalten von Dateien sowie der Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen. Zudem werden kollaborative Tools vorgestellt und Sicherheitsaspekte behandelt. Praxisnahe Übungen unterstützen den Transfer in den Alltag.

      Die Inhalte und Materialien des Raums „Wortschatz und Leseflüssigkeit“ befassen sich schwerpunktmäßig mit der Erweiterung des (Fach-)Wortschatzes der Teilnehmenden und der Verbesserung ihrer Leseflüssigkeit. Die Lesekompetenzen der Lernenden werden aufgebaut, weiterentwickelt und gestärkt, ihr Sicht- und Fachwortschatz wird erweitert.

      Im Raum „Schriftspracherfahrung werden Lesen und Schreiben durch die direkte Erfahrung und Erarbeitung konkreter Texte aus dem Lebens- und Arbeitsalltag gefördert. Es werden Anleitungen und Unterstützungsmethoden zum Lesen und Verstehen von Texten vermittelt (z. B. phonologische Bewusstheit, Schlüsselwörtermethode). Im Raum „Lernstrategien“ werden methodische Lernansätze, Lerntipps und Konzentrationsübungen vermittelt. Diese können den Teilnehmenden dabei helfen, besser zu lernen sowie Texte zu verstehen und eigene zu verfassen. Der Schwerpunkt liegt auf der kleinschrittigen Vermittlung einfacher, effektiver und nachhaltiger Lernprozesse unter Einbezug von Lernerfahrungen.

      Die Räume „Lesen“ und „Schreiben“ befassen sich grundlegend mit den schriftsprachlichen Kompetenzen Lesen und Schreiben. Sie bieten konkrete Anwendungen und Übungen, didaktische Anleitungen sowie unterschiedliche analoge und digitale Materialien zur Förderung und Verbesserung der Fähigkeiten der Teilnehmenden in diesen Bereichen.

      Erfahrungen und Beobachtungen

      Trainingsbeispiel 1 der Erprobungsphase

      Die Module I bis III wurden mit einer Teilnehmendengruppe von Jugendlichen aus Bildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen mit partieller Affinität zu HoGa-Themen erprobt.

       Sprache und schriftsprachliche Kompetenzen

      In dieser Teilnehmendengruppe gab es keine Personen mit Deutsch als Erstsprache. Die Teilnehmenden verfügten in den Kompetenzbereichen Lesen und Schreiben über die Alpha-Levels 3/4 – teilweise leicht darüber und teilweise leicht darunter. Die Einbindung von Teilnehmenden mit geringfügig höheren oder niedrigeren Alpha-Levels in die Gruppe verlief weitgehend problemlos, da die schriftsprachlichen Kompetenzen innerhalb der Gruppe allgemein heterogen waren und unterschiedliche Bedarfe im Training und bei der Aufbereitung des geplanten Unterrichtsmaterials berücksichtigt werden mussten.

      Die mündliche Kommunikation im Unterricht verlief relativ problemlos. Freies Schreiben fiel allen Teilnehmenden schwer. Wortschatzdefizite waren mehr oder weniger deutlich erkennbar. Die Lesekompetenzen waren teils auffallend gut, teils eher gering. Ein nicht unerheblicher Anteil der Unterrichtszeit wurde dafür verwendet, Wortschatz- und Grammatikdefizite der Teilnehmenden auszugleichen und sprachliche Grundlagen aufzuarbeiten.

      Anwesenheit

      Die Teilnehmenden erschienen zu großen Teilen nur sehr unregelmäßig zum Unterricht. Da für die Szenariendidaktik eine regelmäßige und fortlaufende Teilnahme erforderlich ist, konnten die vorbereiteten Unterrichtseinheiten häufig nicht wie geplant durchgeführt werden. Ein hohes Maß an Spontanität und Flexibilität seitens der Lehrkraft war unabdingbar. Unterrichtsplanung und Lerninhalte mussten bereits während des Kursverlaufs fortlaufend angepasst und auch reduziert werden.

      Unterricht

      Die ursprünglich geplante Trennung des Aufgabenmaterials in die Alpha-Levels 3 und 4 wurde bereits nach den ersten Unterrichtsterminen eingestellt. Aufgrund der geringen Anwesenheitszahlen war die Gruppengröße an einzelnen Unterrichtstagen zu klein, um ein solch differenziertes Angebot sinnvoll umzusetzen. In der Folge bearbeiteten alle Teilnehmenden alle Aufgaben, die die Lehrkraft für das konkrete Training auswählte – unabhängig von Alpha-Level 3 oder 4. Diese Anpassung der ursprünglichen Unterrichtsplanung bereitete den Teilnehmenden im Trainingsalltag keine relevanten Schwierigkeiten. Die wechselnden Herausforderungsgrade schienen vielmehr die Motivation und die Unterrichtsdynamik zu fördern.

      Teilnehmende, die regelmäßig anwesend waren, zeigten im Trainingsverlauf und in den Zwischen- bzw. Abschlusstestungen Kompetenzverbesserungen. Auffallend hierbei war auch eine zunehmend aktivere Unterrichtsbeteiligung ohne Aufforderung durch die Lehrkraft.

      Der Unterricht fand nicht in den projekteigenen Lernlabs, sondern in den Räumen des Trägers der Weiterbildungsmaßnahmen vor Ort statt. Die Festlegung und Ausstattung der Räumlichkeiten sowie die Versorgung mit Laptops usw. verliefen nach abgesprochener Vorbereitung und Planung problemlos.

      Trainingsbeispiel 2 der Erprobungsphase

      Die Module I und II wurden in der Erprobungsphase außerdem mit einer Teilnehmendengruppe, die im HoGa-Bereich erwerbstätig ist, erprobt. Modul I und Modul II (fast bis zum Ende des Moduls) wurden zunächst mit zwei Teilnehmenden begonnen und durchgeführt.

      Sprache und schriftsprachliche Kompetenzen

      Auch diese Teilnehmenden hatten verschiedene Erstsprachen und verfügten in den Kompetenzbereichen Lesen und Schreiben über die Alpha-Levels 3/4. Auch hier verlief die mündliche Kommunikation im Unterricht weitgehend problemlos.

      Die Teilnehmenden reagierten sehr positiv auf die HoGa-Themen und -Lerninhalte. Schriftsprachliche Defizite sowie Bedarfe in den Bereichen Wortschatz und Grammatik wurden von den Teilnehmenden proaktiv angesprochen und angegangen.

      Anwesenheit

      Die Teilnehmenden kamen (relativ) regelmäßig, was die Durchführung einzelner Szenarien bei längeren Präsenzphasen förderte. Sie waren motiviert, da sie den beruflichen Nutzen und das Erleichterungspotenzial im alltäglichen Leben sahen.

       Unterricht

      Auch hier wurde die ursprünglich geplante Trennung des Aufgabenmaterials in die Alpha-Levels 3 und 4 nach den ersten Unterrichtsterminen eingestellt, da angesichts der konstant kleinen Gruppengröße ein solch differenziertes Angebot nicht sinnvoll erschien. Die Teilnehmenden bearbeiteten alle Aufgabenstellungen. Diese Anpassung der ursprünglichen Unterrichtsplanung bereitete den Teilnehmenden dieser Gruppe im Trainingsalltag keine relevanten Schwierigkeiten. Auch hier schienen die wechselnden Herausforderungsgrade die Motivation und Unterrichtsdynamik zu fördern.

        Die Teilnehmenden zeigten im Trainingsverlauf und in den Zwischen- bzw. Abschlusstestungen Kompetenzverbesserungen. Auffallend hierbei war die gleichbleibend hohe Lernmotivation und aktive Unterrichtsbeteiligung. Die Arbeitgeber*innen dieser Teilnehmenden bestätigten das gesteigerte Selbstwertgefühl und die positiven Auswirkungen der Kursteilnahme auf die Motivation und Arbeit ihrer Mitarbeitenden.

        Der Unterricht fand im projekteigenen Lernlab der GFFB statt. Die Festlegung und Ausstattung der Räume sowie die Versorgung mit Laptops usw. verliefen nach abgesprochener Vorbereitung und Planung problemlos.

        Trainingsbeispiele der Anwendungsphase

        Nach der Erprobungsphase wurde das Training an unterschiedlichen Standorten mit Gruppen von überwiegend erwerbslosen Personen sowie an einem Unternehmensstandort mit Erwerbstätigen in der Systemgastronomie durchgeführt. Hierbei kamen das nach der Erprobung angepasste Curriculum und die angepassten Unterrichtsmaterialien zum Einsatz.

        Folgende Beobachtungen und Eindrücke können festgehalten werden:

        • Auch die Teilnehmenden dieser Trainings verfügten über verschiedene Erstsprachen.
        • Bei der Gruppe der Erwerbslosen bestand aufgrund vorangegangener, mehr oder weniger umfangreicher Erfahrungen in den Bereichen Hotellerie und/oder Gastronomie partiell eine gewisse Affinität zu HoGa-Themen.
        • Die Teilnahmemotivation war bei den meisten Teilnehmenden durchaus hoch. Sie erhofften sich eine persönliche Verbesserung im schriftsprachlichen Bereich (Lesen und/oder Schreiben) sowie bei den digitalen Kompetenzen.
        • Die Motivation stieg im Trainingsverlauf häufig sogar noch, da die Teilnehmenden erste persönliche Lernerfolge selbst wahrnehmen konnten.

        Die Unterrichtseinheiten in den projekteigenen Lernlabs der GFFB und des Zentrums für Weiterbildung in Darmstadt fanden ohne logistische Probleme statt: Die Festlegung und Ausstattung der Räume sowie die Versorgung mit digitalen Endgeräten verliefen nach abgesprochener Vorbereitung und Planung problemlos. Das Training am Unternehmensstandort der Systemgastronomie bedurfte einer logistischen und organisatorischen Vorlaufphase. Es fand in einem kleinen Raum statt, sodass die Gruppengröße auf vier Teilnehmende begrenzt werden musste. Die digitalen Endgeräte wurden von Projektseite für die Dauer des Trainings zur Verfügung gestellt.

        Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

        Lernender der Gepäckabfertigung im Training

        Branchenspezifika Gepäckabfertigung

        Aufbau und Umfang des Curriculums

        Das Curriculum umfasst drei Module. Während der Unterrichtseinheiten befassen sich die Teilnehmenden mit unterschiedlichen Lernthemen und -inhalten: Wortschatz und Leseflüssigkeit, Schriftspracherfahrung, Lernstrategien, Lesen und Schreiben sowie digitale Kompetenzen. Die Lerninhalte sind ergebnisorientiert in den Kontext konkreter Arbeitssituationen und Tätigkeiten in der Gepäckabfertigung eingebettet. Die digitalen Übungen entsprechen den audiovisuellen Bedürfnissen der Zielgruppe. Im Rahmen des Projekts wurde in Kooperation mit den Unternehmen KORION Interactive GmbH und Fraport Ground Services GmbH das mobile Lernspiel „Sky-Dash“ entwickelt. Es richtet sich an gering literalisierte Erwachsene in der Bodenlogistik und vermittelt auf spielerische Weise 3-Letter-Codes (IATA-Codes). Das Serious Game wurde außerhalb des Trainings erprobt und evaluiert. In diesem Zusammenhang sei noch einmal verwiesen auf die Handlungsempfehlung „Didaktische Gestaltung digitaler Trainings und Serious Games – Empfehlungen für die Praxis“.

        Die Module I und II enthalten analoge und digitale Trainingseinheiten, die ineinandergreifen oder als Wiederholung dienen. Dadurch werden auch digitale Grundkompetenzen aufgebaut bzw. gefördert und die schriftsprachlichen Lerninhalte unterstützt und ergänzt. Somit wird dem Projektanspruch der schriftsprachlichen und digitalen Kompetenzerweiterung Rechnung getragen. Die Lerninhalte zu den Themen Wortschatz und Leseflüssigkeit, Schriftspracherfahrung, Lernstrategien sowie Lesen und Schreiben stimmten grundsätzlich mit den Beschreibungen in den Branchenspezifika Hotellerie und Gastronomie überein (s. o.).

        Die als SCORM-Paket verfügbaren schriftsprachlichen Inhalte (Blended Learning) haben zwei Schwerpunkte: Zum einen gibt es Fachwortschatzübungen als Ergänzung zu den Wortschatzlisten (Grund- und Aufbauwortschatz) und zum anderen digitale Aufgaben als Ergänzung oder Wiederholung zu den analogen Arbeitsblättern.

        Modul I

        Modul I bietet ein Lernszenario mit Themen und Inhalten für 20 schriftsprachliche und zehn digitale Unterrichtseinheiten. Das Curriculumskonzept und die vorbereiteten Materialien lassen sich aber bei allen Modulen auch auf mehr Unterrichtseinheiten erweitern. Der Themenkomplex von Modul I entspricht inhaltlich der Vorbereitung auf die ersten Unterrichtseinheiten der anschließend geplanten betriebsinternen Schulung. In den digitalen Unterrichtseinheiten werden Computergrundlagen, einschließlich Hardware, Desktop-Funktionen, Maus- und Tastaturnutzung sowie erste Schritte mit der Software vermittelt. Praxisnahe Aufgaben festigen das Gelernte und bereiten auf weiterführende digitale Inhalte vor.

        Bei der Erstellung konkreter Aufgaben werden Themen der fachlichen Progression genutzt, z. B. arbeitsplatzbezogene Informationen, Gepäckarten, Gepäckwege und branchenspezifische Abkürzungen. Lerninhalte der sprachlichen Progression sind unter anderem Grundwortschatz, Komposita, phonologische Bewusstheit, Lesetraining und Lesestrategien, Abkürzungen, Fremdwörter, Tabellen, Lese- und Textverständnis, Logikübungen und Lernstrategien.

        In Modul I soll das Vorwissen der Teilnehmenden aus ihrer bisherigen Berufserfahrung in der Gepäckabfertigung aktiviert und genutzt werden, um sie vorzubereiten.

        Modul II

        Modul II umfasst bis zu 46 schriftsprachliche und zehn digitale Unterrichtseinheiten mit verschiedenen Lernszenarien. Diese greifen die Themenkomplexe „Orientierung am Flughafen“ und „Gepäckabfertigung“ auf. Zu den behandelten Themen der Gepäckabfertigung gehören beispielsweise das Einholen von Informationen, die praktische Vorbereitung, die Abfertigung, begleitende Tätigkeiten und die Nachbereitung sowie die Prüfungsvorbereitung.

        In Modul II werden die digitalen Kenntnisse aus Modul I vertieft, wobei der Fokus auf effizienter Tastaturnutzung und den grundlegenden Funktionen von Textverarbeitungsprogrammen liegt. Die Teilnehmenden lernen Shortcuts, F-Tasten und Korrekturhilfen kennen und festigen ihre Schreibfertigkeiten durch praxisnahe Übungen. Das Modul stärkt die digitale Handlungskompetenz für weiterführende Anwendungen.

        Der Schwerpunkt der schriftsprachlichen Förderung liegt auf dem Lesen und dem Einsatz von Lesestrategien, aber auch auf dem Verfassen von Notizen und kurzen Texten (handschriftlich und über die Computertastatur). Der Bereich „Prüfungsvorbereitung“ umfasst die Wiederholung von Lerninhalten und die proaktive Vorbereitung auf Themen und Aufgabentypen der betriebsinternen Prüfung. Da Teilnehmende häufig aufgrund mangelnden Verständnisses der Prüfungsaufgaben scheitern, ist es wichtig, diesen Verstehensdefiziten entgegenzuwirken und ihnen Strategien zur Aufgabenbewältigung zu vermitteln.

        Auch in Modul II sollen durch die schriftsprachlichen und digitalen Inhalte sowie die Lernstrategien sowohl die fachliche als auch die sprachliche Progression gefördert werden. Bei der schriftsprachlichen Entwicklung liegt der Aufgabenschwerpunkt auch hier im Bereich Lesen. Dennoch wird bei den Aufgabenstellungen versucht, die schriftsprachlichen Kompetenzen Lesen und Schreiben dort – wo möglich – in annähernd gleichem Maße bzw. gleichwertig zu trainieren und zu erproben.

        Modul III

        Modul III kann nach der betriebsinternen Prüfung auf Wunsch bzw. bei Bedarf verwendet werden und umfasst 20 bis 30 schriftsprachliche Unterrichtseinheiten. Um das unternehmensspezifische Curriculum inhaltlich etwas auszuweiten und eine Nutzung außerhalb des Kooperationsbetriebs zu ermöglichen, werden in diesem Modul zum einen neue branchenspezifische Inhalte aus den Bereichen Lager und Logistik vermittelt, zum anderen werden unternehmensspezifische Inhalte in neuen Aufgabentypen wiederholt. Die Übungen werden, wenn möglich, so konzipiert, dass sie auch in autonomen Selbstlerneinheiten umgesetzt werden können.

        Die Themen in Modul III sind Sicherheit am Arbeitsplatz, schriftliche Kommunikation sowie Formulare und Verträge.

        Erfahrungen und Beobachtungen

        Da die Unterrichtszeit als Arbeitszeit angerechnet wurde, musste das Training logistisch an die Dienstpläne der Mitarbeitenden angepasst werden, was sich zuweilen durchaus herausfordernd gestaltete. Abhängig von der konkreten Schicht kamen die Teilnehmenden somit entweder vor ihrem eigentlichen Arbeitsbeginn in der Gepäckabfertigung oder im Anschluss daran zum Unterricht. Ging die konkrete Tätigkeit dem Training voraus, waren die Teilnehmenden häufig entsprechend müde und somit trotz genereller Motivation und vorhandenem Lerninteresse oft nur noch begrenzt aufnahmefähig. Dies ist ein Aspekt, der bei zukünftigen Kursplanungen auch in anderen Unternehmen und Branchen bedacht werden sollte. Um die Aufmerksamkeit möglichst hochzuhalten und die Motivation zu stärken, wurde während der Trainings gezielt auf Gamification-Elemente zurückgegriffen. Der Einsatz kostenloser Tools wie Mentimeter und TypingClub erwies sich dabei als wirkungsvoll. Die Teilnehmenden reagierten äußerst positiv auf diese interaktiven Übungsformate.

        Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.
        Ein junger Mann sitzt an einem Holztisch und hält ein Tablet in den Händen. Auf dem Bildschirm ist eine bunte Lern-App mit spielerischen Grafiken zu sehen, die Abkürzungen von Flughäfen anzeigen.

        Einbindung von Mentimeter im Unterricht

        Ursprünglich war eine Verknüpfung der einzelnen Module mit den Phasen vorgesehen: Modul 1 vor, Modul II während und Modul III nach der betriebsinternen Schulung und Qualifizierung. Als die konkreten Erprobungen begannen, war diese logistische und inhaltliche Verbindung nicht mehr gegeben: Das Training der Module I und II von #ABCforJobs fand nacheinander und unabhängig von der firmeninternen Weiterbildung statt. Modul III wurde aus diesem Grund nicht erprobt.

        Die Teilnehmendengruppen waren sprachlich sehr heterogen, vor allem zu Beginn der Erprobungen. Auch die Bildungshintergründe und Lernerfahrungen waren sehr unterschiedlich. Das Sprachniveau der Teilnehmenden wurde vorab von Unternehmensseite eingeschätzt und ermittelt. Die für die Trainingsteilnahme eigentlich notwendigen mündlichen Kompetenzen (Hörverständnis und Sprechen) waren anfangs nicht bei allen Teilnehmenden vorhanden.

        Das Interesse und die Affinität der Mitarbeitenden zu den Lerninhalten waren unterschiedlich ausgeprägt. Da die internen BRS-Weiterbildung losgelöst wurde, war der

        Zusammenhang zwischen schriftsprachlichem Training und Fortbildung für die Teilnehmenden nicht ersichtlich und musste von der Lehrkraft transparent vermittelt und erklärt werden. Die curricularen Inhalte helfen den Teilnehmenden, ihre schriftsprachlichen und digitalen Kompetenzen zu verbessern, ihre Lernerfahrungen zu erweitern und diese beispielsweise bei der Vorbereitung auf Prüfungen aktiv anzuwenden.

        Einige Anpassungen ergaben sich auch bei den Lerninhalten im digitalen Bereich. Da die Teilnehmenden bereits sicher im Umgang mit Smartphones waren, wurde der Fokus auf die Computerbedienung gelegt. Dies erwies sich als sinnvoll, da sie im Arbeitsalltag eher mit stationären Rechnern arbeiten. Interaktive Elemente wie Quizze über Mentimeter oder Tippübungen auf typingclub.com steigerten die Motivation und machten das Training abwechslungsreicher.

          Handlungsempfehlungen für den Aufbau branchenspezifischer Curricula

          Tipp

          Die im Vorfeld und bei der Erstellung der Curricula angenommenen Bedarfe in Bezug auf Schriftsprache und Digitales haben sich bestätigt. Die Relevanz und Angemessenheit der erstellten Lerninhalte und -materialien kann anhand der bisherigen Unterrichtserprobungen, des Feedbacks der Teilnehmenden und der Kompetenzverbesserungen belegt werden. Dies ist gelungen, weil ganz genau und konkret auf die Bedarfe, Interessen und Bildungshintergründe der jeweiligen Teilnehmenden geachtet wurde und diese Beobachtungen und Informationen in die reale Unterrichtsgestaltung und Umsetzung der Lernthemen einflossen.

          Tipp

          Die erstellten Lernmaterialien ermöglichen eine flexible Nutzung, d. h. die Materialien können bei Bedarf angepasst werden. Die Möglichkeit für diese gezielte Anpassung ergibt sich aus dem modularen Aufbau der Lernthemen und Unterrichtsmaterialien.

          Trotzdem bleibt das Risiko der Heterogenität der Teilnehmenden und der damit verbundenen unterschiedlichen Motivationen, Bedarfe, Voraussetzungen und Interessen bestehen. Die Lehrkräfte müssen darauf entsprechend spontan und flexibel reagieren können. Wichtig hierbei ist, die konkrete Teilnehmendengruppe in die Unterrichtsplanung und -durchführung miteinzubeziehen und ihre möglicherweise sehr unterschiedlichen thematischen Interessen, Lernbedarfe sowie ihre konkreten schriftsprachlichen und digitalen Unterstützungsbedarfe zu berücksichtigen.

          Wie lassen sich die branchenspezifischen Erfahrungen aus #ABCforJobs auf andere Branchen übertragen? Welche Empfehlungen für den Aufbau branchenspezifischer Curricula lassen sich hieraus ableiten? Welche Erkenntnisse und inhaltlichen Ansätze können für eine nachhaltige Verbreitung genutzt werden?

          Tipp

          Szenarien sind nur bei regelmäßiger und fortlaufender Teilnahme sinnvoll durchführbar und nachhaltig nutzbar. Durch die Verbindung von Unterrichts- und Arbeitszeit, wie beispielsweise in der Gepäckabfertigung, kann diese regelmäßige Teilnahme weitgehend gewährleistet werden. Um auch unregelmäßig anwesenden Teilnehmenden eine sinnvolle Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen, wurden weitere analoge und digitale Übungsvarianten ins Curriculum integriert.

          Tipp

          Die Lerninhalte müssen bei variierender Anwesenheit der Teilnehmenden auch ohne szenariendidaktischen Hintergrund durchführbar sein und einen Lernmehrwert bieten. Deshalb wurde ein flexibler, modularer Aufbau der Themen und Lerninhalte ermöglicht, sodass die Lehrkräfte, angepasst an die Bedarfe, den Bildungs- und Interessenshintergrund der Teilnehmenden, entscheiden können, welche Themen, Lerninhalte und Aufgaben sie in welchem Umfang verwenden und umsetzen möchten.

          Die Teilnehmenden der Unterrichtserprobungen von #ABCforJobs verfügten über verschiedene Erstsprachen. Diese Tatsache hatte einen deutlichen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen und den Trainingsverlauf und sollte berücksichtigt werden.

          Die Beobachtung von Unterricht und Teilnehmenden in der Erprobungsphase von #ABCforJobs führte zu einer Anpassung der Curricula und der enthaltenen Lernmaterialien.

          Beispiele:

          • Im digitalen Bereich war zunächst die Arbeit mit einem Tablet vorgesehen. Da die meisten Teilnehmenden ihre mobilen Geräte bereits sicher bedienen konnten, wurden die Lerninhalte bedarfsorientiert angepasst. Der Fokus verlagerte sich auf grundlegende Computerkenntnisse, die Bedienung der Tastatur und das kollaborative Arbeiten. So konnte gezielt auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Lernenden eingegangen werden.

          Hinweis

          Der gezielte Einsatz von Gamification-Elementen wie Mentimeter oder TypingClub kann das digitale Lernen motivierender und interaktiver gestalten.

          Tipp

          Bei der Sammlung von Themen und Lerninhalten für die Curricula ist eine Zusammenarbeit mit entsprechenden Betrieben bzw. Branchen sinnvoll, da nur so die Curricula die entsprechenden branchen- bzw. betriebsspezifischen Bedarfe potenzieller Teilnehmender (Kann-Bestimmungen) aufgreifen und in konkreten Übungstypen bzw. Aufgabeninhalten abbilden können.

          Tipp

          Die zu erlernenden bzw. zu erarbeitenden Inhalte müssen in möglichst reale arbeits- und situative Kontexte praktisch eingebunden und umgesetzt werden.

          • Mit Mentimeter lassen sich Quizze und Umfragen erstellen, die das Verständnis überprüfen und eine aktive Beteiligung fördern. TypingClub eignet sich hingegen besonders gut, um die Tastaturbedienung spielerisch zu trainieren und die Schreibgeschwindigkeit zu verbessern. Solche Tools bieten eine abwechslungsreiche Möglichkeit, digitale Kompetenzen nachhaltig zu festigen.
          • Im schriftsprachlichen Bereich wurden neben optischen Anpassungen zusätzliche inhaltliche Anleitungen und Hinweise zu Aufgabenstellungen für Lehrkräfte ergänzt. Dadurch ist Umsetzung der Lerninhalte auch für Personen mit geringer oder ohne (Lehr-)Erfahrung in den Bereichen Grundbildung und/oder geringe Literalität möglich.
          • Zusätzlich wurde die Text- und Aufgabenauswahl erweitert, um den Lehrkräften durch den vergrößerten und überarbeiteten Aufgaben- und Materialpool eine Wahlmöglichkeit zu bieten, die an die konkrete Teilnehmendengruppe angepasst ist, und um den neu geplanten modularen Charakter des Angebots herauszuarbeiten. Alles kann, aber nichts muss im Unterricht verwendet werden.
          • Innerhalb der analogen Curriculum-Materialien wird auf die mögliche Nutzung von Aufgaben aus dem Blended-Learning-Angebot und (im Curriculum Hotellerie und Gastronomie) dem digitalen Selbstlernprogramm verwiesen. Eine Einbindung ist an passender Stelle zur aktiven Anwendung im Unterricht möglich, um analoge schriftsprachliche Lerninhalte durch projekteigene digitale Anwendungen aufzulockern und zu bereichern.
          • Die Lernthemen sollten mittels möglichst individualisierbarer bzw. variierbarer Inhalte an die Bedarfe und Lerninteressen der Teilnehmenden angepasst werden, denn die Teilnehmenden stehen im Fokus.
          • Die Lerninhalte sollten den Arbeitsalltag und das Aufgabengebiet bzw. die Lerninteressen der Teilnehmenden widerspiegeln. Eine Übertragung auf andere Branchen ist möglich, die Lernthemen und -inhalte können genutzt werden, beispielsweise mit anderen Wortschatzlisten, anderem Fachwortschatz oder anderen Texten.
          • Die Relevanz und Angemessenheit der Materialien für den Arbeitsalltag sowie die berufliche und schriftsprachliche Entwicklung der Teilnehmenden und ihre bedarfsgerechte Umsetzung verbessern die nachhaltige Förderung und Entwicklung von Mitarbeitenden und Erwerbslosen.

          Hinweis

          Ziel ist auch, „lernen zu lernen“, indem die Teilnehmenden ermutigt werden, sich mit den eigenen Schwierigkeiten in den Bereichen Lesen und Schreiben auseinanderzusetzen (positive Fehlerkultur) und gemeinsam mit den Lehrkräften Lernstrategien zur Selbsthilfe zu entwickeln. Diese Fehlerkultur hilft dabei, Wissen aufzubauen bzw. zu vermehren und berufliche sowie schriftsprachliche Kenntnisse zu stabilisieren oder zu erweitern.

          Quellenverzeichnis

          Phase6 Magazin (2020): Handlungsorientierter Unterricht – Methoden, Beispiele und Kritik, Weblink, www.phase-6.de/magazin/fuer-lehrkraefte/themen/methodik-didaktik/handlungsorientierter-unterricht-methoden-beispiele-kritik/ (abgerufen am 03.08.2025).

          Sass, Anne/Eilert-Ebke, Gabriele (2015): Szenarien im berufsbezogenen Unterricht Deutsch als Zweitsprache: IQ-Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch. Hamburg

          Herausgegeben von

          GFFB gGmbH

          Projekt #ABCforJobs
          (Projektlaufzeit 01.11.2021 bis 31.10.2025)

          Mainzer Landstraße 349
          60326 Frankfurt am Main

          www.gffb.de

          Autorinnen:

          Olivia Beneke, Zentrum für Weiterbildung gGmbH
          Nichakan Buason, Zentrum für Weiterbildung gGmbH
          Dr. Anja Grimm, Zentrum für Weiterbildung gGmbH

          Diese Publikation wurde im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem Förderkennzeichen W-1505A-AOG gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin/beim Autor.

          Alle Rechte vorbehalten.

          © August 2025

          Logoleiste der Alpha Dekade 2016-2026 und des Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend